Georgischer Film gewinnt Hauptpreis beim Filmfestival goEast



Filme aus Georgien, Ungarn, Israel und Russland gewinnen bei der zehnten Ausgabe von goEast. Mit der feierlichen Preisverleihung endete das zehnte Festival des mittel- und osteuropäischen Films am gestrigen Dienstagabend in Wiesbaden.



"Das aktuelle Kino unserer östlichen Nachbarn und Freunde ist im Kommen und in der Filmwelt kein Exot. Die bei goEast gezeigten Filme zeugen von einem vielseitigen und ästhetisch anspruchsvollen Kino. Das verheißt einen Boom auch außerhalb von internationalen Filmfestivals: Es ist für die Zukunft noch viel zu erwarten!", so Festivalleiterin Nadja Rademacher.

Zehn Spiel- und sechs Dokumentarfilme wetteiferten um die mit insgesamt 29.500 Euro dotierten Festival-Preise, die von der international besetzten goEast-Jury unter Vorsitz des russischen Filmkritikers Andrej Plachow vergeben wurden. Der Škoda-Preis "Die Goldene Lilie" für den Besten Film (10.000 Euro), gestiftet von Škoda Auto Deutschland, geht an Levan Koguashvili, der mit "Quchis Dgeebi" (Auf der Straße, Georgien 2010) die beste Tradition des georgischen neo-realistischen Kinos wiederbelebe, so die Jury. Der ungarische Regisseur József Pacskovszky erhält für "A Vágyakozás Napjai" (Tage der Sehnsucht, Ungarn 2009) den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie (7.500 Euro). Die im Film geschilderte Auseinandersetzung des Individuums mit den Erwartungen in einer sich rasant verändernden Gesellschaft überzeugte die Jury. Der Dokumentarfilmpreis "Erinnerung und Zukunft" (10.000 Euro) der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" geht an "Oy Mama" (Oj Mama, Israel 2009) von Orna Ben Dor und Noa Maiman für das laut Jury "zärtliche Porträt" der Großmutter Maimans, einer Holocaust-Überlebenden.

Alexej Popogrebski konnte mit "Kak Ya Provyol Etim Letom" (How I Ended This Summer, Russland 2010) gleich zwei Jurys überzeugen: Er erhält aufgrund der herausragenden visuellen Kraft den Preis des Auswärtigen Amts für einen Wettbewerbsbeitrag von "künstlerischer Originalität, die kulturelle Vielfalt schafft" (2.000 Euro). Außerdem vergibt die FIPRESCI-Jury den Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI-Preis) an diesen Film.

Lobend erwähnt die Festivaljury die herausragende Leistung des Schauspielers Victor Rebengiuc in "Medalia De Onoare" (Ehrenmedaille, Rumänien, Deutschland 2009). Lobend erwähnt wird außerdem der Dokumentarfilm "Glubinka 35 x 45" (Provinz 35x45, Russland 2009).

Mit dem Filmförderpreis für Koproduktionen von Nachwuchsfilmemachern aus Deutschland und Osteuropa zeichnet die Robert Bosch Stiftung im Rahmen von goEast drei vielversprechende Filmvorhaben in den Kategorien Kurzspielfilm, Animationsfilm und Dokumentarfilm aus. Der Preis ist mit insgesamt bis zu 210.000 Euro dotiert. Sieger in der Kategorie Kurzspielfilm ist die moldawisch-deutsche Koproduktion "Panihida" der Regisseurin Ana-Felicia Scutelnicu und des Produzenten Jonas Weydemann. Das Team überzeugte die Jury mit einer herausragenden Präsentation von der Geschichte eines absurd anmutenden Beerdigungszugs durch ein moldawisches Dorf. In der Kategorie Animationsfilm gewann das bulgarisch-kroatisch-deutsche Projekt "Father" der Regisseure Asparuh Petrov (Bulgarien), Dim Yagodin (Russland), Moritz Mayerhofer (Deutschland), Rosita Raleva (Bulgarien) und Veljko Popovic (Kroatien) sowie der Produzenten Maria Stanisheva (Bulgarien), Vanja Andrijevic (Kroatien) und Christian Müller (Deutschland). Die jungen Regisseure illustrieren in dem fünfteiligen Episodenfilm ihre Sicht auf die Beziehung von Vater und Kind in dramatischer, aber auch humorvoller Weise. Das kasachisch-deutsche Filmvorhaben "Seatomorrow" der Regisseurin Katerina Suvorova sowie der Produzenten Stephan Grobe und Anna Hoffmann gewinnt in der Kategorie Dokumentarfilm. Es geht um Menschen, die in der zerstörten und doch bildgewaltigen Landschaft des Aralsees um die Rückkehr des Wassers kämpfen.

Im Hochschulwettbewerb geht der Förderpreis der BHF-BANK-Stiftung an den besten Beitrag einer teilnehmenden osteuropäischen Hochschule. Die dreiköpfige Förderpreis-Jury verleiht die Auszeichnung an Rok Biček (UL AGRFT Ljubljana) für seinen Film "Lov Na Race" (Duck Hunting). Die Dramaturgie des Kurzspielfilms sei voller Überraschungen, so die Jury. Eine Lobende Erwähnung erhielt der Animationsfilm "Drugaya" (The One Who Was Different). Der Regisseurin Anna Shepilova (VGIK, Moskau) gelingt es nach Ansicht der Jury, ohne Sprache die Emotionen der Charaktere in ihrer Ambivalenz eindrucksvoll zu zeichnen.

Der goEast-Preis im Gedenken an Reinhard Kämpf (1.000 Euro) geht an den Dokumentarfilm "Osadné" (Osadné, Slowakei, Tschechische Republik 2009) von Marko Škop.

Vom 21. bis 27. April waren mehr als 300 geladene Gäste aus dem In- und Ausland zum Filmfestival nach Wiesbaden gekommen, das seit 2001 vom Deutschen Filminstitut – DIF veranstaltet wird. An sieben Tagen wurden 121 Filme, darunter 48 Premieren, aus 35 Ländern gezeigt. Nur zwei Filme mussten in Folge des Flugchaos ausfallen. Wladimir Kaminer führte durch die Preisverleihung der Jubiläumsausgabe. Anschließend machte der Berliner Autor und DJ den Wiesbadener Kulturpalast zur "Russendisko".

Kino von morgen im Hochschulwettbewerb
Im Nachwuchsbereich fördert goEast das "Kino von morgen" und begeisterte im Hochschulwettbewerb viele Zuschauer. In diesem Jahr waren Studenten der Staatlichen Hochschule für Kinematografie benannt nach Sergej Gerassimow – VGIK, Moskau/Russland, der UL AGRFT Ljubljana/Slowenien, aus dem Rhein-Main-Gebiet sowie Köln und Kassel eingeladen, daran teilzunehmen. Das Jubiläumsprogramm konzentrierte sich ganz auf Filmemacher, die mit dem Festival im wahrsten Sinne des Wortes "groß" geworden sind. So waren Regisseure zu Gast, die schon ihre Debütfilme bei goEast zeigten und sich in den letzten zehn Jahren in der Filmwelt etablierten, etwa Boris Chlebnikow und Peter Buslow aus Russland.

Aktuelle Produktionen, Symposium und Hommage
Allein am Freitag kamen rund 900 Besucher in die Vorstellungen der Caligari FilmBühne. Doch nicht nur aktuelle Produktionen lockten das Publikum an: Ein voller Erfolg war die Mischung aus Science-Fiction und Screwball-Komödie "Sexmisja" (Sex Mission, Polen 1984) von Juliusz Machulski im überfüllten Murnau-Filmtheater. Der polnische Filmklassiker lief im Rahmen des goEast-Symposiums "Das befreiende Lachen – Eine kurze Geschichte des osteuropäischen Filmhumors", das sich mit der Filmkomödie beschäftigte. Professorin Oksana Bulgakowa vom Institut für Filmwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz leitete die Veranstaltung. Zuschauermagnet war außerdem die Hommage und, als ihr Höhepunkt, das öffentliche Filmgespräch mit dem georgisch-französischen Regisseur Otar Iosseliani. goEast präsentierte während des Festivals einen Schaffensquerschnitt des Meisters durch fünf Jahrzehnte.

Förderer und Partner von goEast
goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films wird vor allem ermöglicht durch die Förderung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, der Landeshauptstadt Wiesbaden, der Robert Bosch Stiftung, der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" und Škoda Auto Deutschland. Weiterer Förderer ist die BHF-BANK-Stiftung. Eine maßgebliche Unterstützung erhält das Festival auch durch das Auswärtige Amt, die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und durch die Naspa.

Im Jubiläumsjahr gibt es mit dem Sender 3sat, der das Festival als Kooperationspartner von Anfang begleitet, erstmals eine offizielle Medienpartnerschaft und einen Festivalblog unter
http://blog.zdf.de/goeast/

Quelle:
www.filmfestival-goeast.de