Fritz Langs Meisterwerk "Spione" (DE 1928) wurde 2004 von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung restauriert. Nun hat Restauratorin Anke Wilkening ein Buch über die Überlieferung zeitgenössischer Verleihkopien, die der Restaurierungsarbeit zugrunde lagen, vorgelegt. Das Buch ist in der Reihe Filmblatt-Schriften von CineGraph Babelsberg erschienen: Filmgeschichte und Filmüberlieferung - Die Versionen von Fritz Langs SPIONE 1928. 
 
 Am kommenden Dienstag, 2. November, stellt sie ihre Monographie im Zeughauskino Berlin (Deutsches Historisches Museum, Berlin) vor. Anschließend wird "Spione" mit Klavierbegleitung von Peter Gotthardt in der restaurierten Fassung der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung von 2004 gezeigt.   
     
Über das Buch     
Zur Restaurierung von "Spione", dessen deutsche Premierenfassung aus dem Jahr 1928 nicht  erhalten ist, wurden unterschiedliche überlieferte Fassungen verwendet. Anke Wilkening  nimmt in ihrem Buch einen Vergleich der verschiedenen in Archiven erhaltenen Verleihversionen vor. Ihre Untersuchung basiert auf drei zeitgenössischen Kopien mit abweichender Narration und  Montage. Sie geht davon aus, dass Stummfilme bewusst in verschiedenen Versionen  hergestellt wurden, um sie international absetzen zu können. In der Regel gedreht mit zwei  Kameras, stellten die Produzenten eine große Anzahl "identischer" Takes einer Einstellung  her, aus denen sie gleich mehrere "originale" Kameranegative für verschiedene Absatzmärkte  montierten. In ihrem Vortrag berichtet Anke Wilkening auch von den wirtschaftlichen,  technischen und künstlerischen Beweggründen für diese Varianten.   
Anke Wilkening ist als Restauratorin für die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung tätig. In diesem  Jahr präsentierte die in Wiesbaden ansässige Stiftung mit "Metropolis" (1927/2010) und "Die Nibelungen" (1924/2010) zwei Klassiker von Fritz Lang in restaurierten Fassungen. 
  
 Über den Film und seine Restaurierung      
Fritz Langs Meisterwerk des "Suspense" zeigt Vertrautes in neuem Gewand: einerseits  Verfolgungsjagden wie in seinem Frühwerk "Die Spinnen" und Rudolf Klein-Rogge erneut als  Superverbrecher à la "Dr. Mabuse". Andererseits statt Monumentalität sachlich reduzierte  Bauten. Statt aufwendig gestalteter malerischer Totalen effektvoll montierte nah kadrierte  Bilder. Lang und seine Drehbuchautorin Thea von Harbou nutzen die genretypische elliptische  Erzählweise, um den Reigen der Darsteller raffiniert zu choreografieren. Sie treiben ein  intellektuelles Spiel mit dem populären Spionagegenre und verzichten auf Rätselaufgaben  oder überraschende Enthüllungen: Haghi, der geniale Verbrecher, stellt sich gleich zu Beginn  des Films persönlich dem Zuschauer vor.
  
 Eine deutsche Version, wie sie im März 1928 in der Berliner Uraufführung zu sehen war, muss  als verloren gelten. In Form einer amerikanischen Kurzversion war der Film seit der  Nachkriegszeit bekannt. Durch ihre Kürzungen wurde aus dem intellektuellen Spiel mit dem  Genre ein typischer Genrefilm. Seit den 1970er Jahren fand neben dieser Version eine  Langfassung vorwiegend in Europa Verbreitung. Die narrative Struktur ist hier zwar  überwiegend erhalten geblieben, doch wird die Montage des Films durch etliche  Anschlussfehler korrumpiert. Recherchen der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung förderten  zwei weitere Kurzfassungen zutage. Angesichts dieser schwierigen Überlieferungslage  bestand das Ziel der Restaurierung darin, einen Kompromiss zwischen Bildqualität,  Vollständigkeit und größtmögliche Annäherung an den Stil des Films zu erzielen.
    
    Das Buch
Anke Wilkening: Filmgeschichte und Filmüberlieferung. Die Versionen von Fritz Langs SPIONE  1928. Berlin: CineGraph Babelsberg 2010, 96 Seiten, 20 Abb.  (= Filmblatt-Schriften; 6)     
ISBN 978-3-936774-06-1, 9,80 €    
Die Publikation ist erhältlich unter http://filmblatt.de sowie über den  Buchhandel.      
Informationen zur Reihe Filmblatt-Schriften von CineGraph Babelsberg unter www.cinegraph-babelsberg.de sowie www.filmblatt.de  
    
Kinotermin    
"Spione" – Vortrag und Film    
Zeughauskino / Deutsches Historisches Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin (www.dhm.de/kino)      
Di 2.11. 19 Uhr: Buchvorstellung (Eintritt frei)   
Di 2.11. 20 Uhr: Filmvorführung   
Eine Veranstaltung des Zeughauskinos Berlin in Zusammenarbeit mit CineGraph Babelsberg,  Berlin-Brandenburgisches Centrum für Filmforschung e.V. und der Friedrich-Wilhelm-Murnau- Stiftung. 
    
Quelle: www.murnau-stiftung.de