Und die Sehnsucht bleibt ...

DDR 1987/1988 Dokumentarfilm

Inhalt

In drei Teilen wirft der Dokumentarfilm einen Blick auf das Leben dreier berufstätiger Mütter in Ostberlin. Carola ist Aktmodell und Reinigungskraft, Sabine ist Sängerin und Heike Sekretärin. Alle Frauen müssen ihre Kinder alleine großziehen, teilweise von ihren Männern verlassen, teilweise bewusst aus dem Hausfrauendasein ausgebrochen. Ihre Selbstbestimmung wird dabei von der repressiven Gesellschaft immer wieder ausgebremst. Regisseurin Petra Tschörner fängt den täglichen Überlebenskampf dieser Frauen ein, die auch selbst zu Wort kommen, um ihre mitunter prekäre Lage aus ihrer eigenen Perspektive zu erläutern.

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Heinz17herne
Heinz17herne
Szenen aus der Hauptstadt Berlin: Noch in Schwarz-Weiß die Geburt eines Mädchens, der Ehegatte unterstützt die Mutter dabei. Dann in Farbe Vorbereitungen einer Hochzeitsfeier sowie ein Live-Konzert im Erich Franz Jugendclub im Prenzlauer Berg. Petra Tschörtner stellt so die drei Protagonistinnen ihrer Doku „Und die Sehnsucht bleibt“ vor, einer am 8. November 1988 im ZDF erstausgestrahlten einstündigen Defa-Auftragsproduktion der Mainzer Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“. Sie ermöglicht ungewohnte und sehr intime Einblicke in das Alltags- und Liebesleben der drei jungen, selbstbewussten Mütter Carola, Sabine und Heike im real existierenden Sozialismus.

Carola, Jahrgang 1961, ist Reinigungskraft und Aktmodell für angehende Künstler. Die ledige Mutter kümmert sich sehr um ihren Sohn Jakob, den sie unbeabsichtigt im Alter von zwanzig Jahren bekommen hat – und auch bekommen wollte, obwohl ihr klar war, dass der Kindsvater „nicht für eine feste Bindung geeignet“ war. Carola mit Jakob auf einem Kinderfest und auf einer Kremsertour durch die grüne Umgebung Berlins: Im zarten Alter von drei Jahren ist sie selbst nach der Trennung der Eltern ins Heim gekommen – eine prägende Erfahrung. Weshalb weder die staatliche Jugendhilfe, die ihren Sohn nach häuslichen Problemen vorübergehend ins Heim einwies, noch gar eine Adoptionsfreigabe für Carola infrage kam: Sie hat Jakob trotz offenbarer psychischer Störungen nach einem Jahr wieder nach Hause geholt. Nimmt sich aber Auszeiten wie den Besuch im Prenzlberger Kino Colosseum und träumt immer noch – wie die Sängerin auf der Leinwand in Gerhard Kleins „Berlin – Ecke Schönhauser“ - von der großen Liebe. Doch erst einmal wird Jakob eingeschult…

Sabine, Jahrgang 1955, ist Sängerin, geschieden und ist Mutter einer Tochter. Lilli war nicht geplant, als sie zur Welt kam, hatte Sabine ihre Ausbildung noch nicht ‘mal angefangen. Weshalb Sabines Mutter zur Abtreibung geraten hatte. „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“: Nun arbeitet sie im Friedrichstadtpalast, singt vor einem eher distanziert-kühlen kleinbürgerlichen Publikum. Ernüchternd auch der Blick hinter die Kulissen, der Petra Tschörtner und ihrem Kameramann Jürgen Hoffmann gewährt wird. Sabine hat sich vom Kindsvater Olli getrennt trotz der starken beruflichen Belastung: Sie blickt auf eine „glückliche Schwangerschaft“ zurück. Konzidiert, dass die Bewältigung des Alltags mit einem Mann an ihrer Seite leichter gewesen wäre, ist aber mit ihrer Doppelbelastung als Sängerin und „glückliche Mutter“ hochzufrieden.

Heike, Jahrgang 1963, ist Sekretärin in Friedrichshain unweit des nach der Wende kultigen Jugend- und Kulturzentrums Reichsbahn-Ausbesserungs-Werk (RAW), geschieden, zwei Kinder: Sohn Martin und Tochter Maria. Nach Stefans Armeedienst sollte es richtig losgehen mit Ehe und Familie, aber sein Freiheitsdrang war größer als sein Familiensinn. Weshalb Heike nach fünfjähriger Ehe die Reißleine gezogen und ihr Hausfrauendasein gegen eine Berufsausübung eingetauscht hat. Zumal Stefan sich nicht nur daheim um nichts gekümmert hat, sondern anderen Frauen nachgelaufen hat, was an Heikes Selbstbewusstsein nagte. Dass sie sich beim Tanz in Clärchens Ballhaus zurückholte. Ihren neuen Lebensgefährten Ralf hat sie dagegen bei einem Polit-Festival kennengelernt und ist mit dem angehenden Facharzt aufs Land gezogen. Was besonders für die Kinder, die Ralf sogleich als die eigenen angenommen hat, ein Segen ist. Heike selbst will nun ein Fernstudium mit Ziel Heimerzieherin aufnehmen...

Wie schon in ihrem 1984 bei den Int. Kurzfilmtagen Oberhausen gleich zweifach ausgezeichneten Abschlussfilm an der Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen (HFF), „Hinter den Fenstern“, skizziert Petra Tschörtner ganz im Sinne ihres Vorbilds Jürgen Böttcher den beruflichen und familiären Alltag dreier Frauen im Sozialismus kommentarlos nur mit O-Tönen. Dabei wird die Schere zwischen dem Anspruch selbstbestimmten Lebens und einer immer noch von männlichen Vorstellungen dominierten Wirklichkeit offenbar: So deutlich wie immer wieder von der SED-Propaganda behauptet unterscheidet sich der Frauen-Alltag in beiden Teilen Deutschlands nicht voneinander. Jedenfalls nicht mehr in den 1980er Jahren.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
61 min
Format:
16mm
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 08.11.1988, ZDF

Titel

  • Originaltitel (DD) Und die Sehnsucht bleibt ...

Fassungen

Original

Länge:
61 min
Format:
16mm
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 08.11.1988, ZDF

Digitalisierte Fassung

Länge:
62 min
Format:
DCP 2k, 1:1,33
Bild/Ton:
Farbe, Mono