Die Geschichte des Rittmeisters Schach von Wuthenow

BR Deutschland 1966 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
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Regisseur Hans Dieter Schwarze erzählt die erstmals 1882 in der Vossischen Zeitung publizierte Erzählung „Schach von Wuthenow“ Theodor Fontanes aus der Rückblende, seine Literaturadaption setzt mit der Beerdigung des Titelhelden ein, der sich aus einem falschen preußischen Ehrbewusstsein heraus selbst das Leben genommen hat. Auf dem Friedhof sowie während einer Kutschfahrt reflektieren der Schriftsteller von Bülow und Schachs Regimentskamerad Rittmeister von Alvensleben die Tat und die Umstände, welche zu ihr führten. Die Fiktion wird jedoch nicht nur durch die Verschiebung der Realitätsebenen gebrochen, sondern auch durch die Figur des Erzählers: Carl-Heinz Schroth kommentiert das Gespräch in der Kutsche. Bröckchenweise setzt sich so das Mosaik eines konkreten „Falles“ zusammen, der paradigmatisch steht für die Zeit um 1805 und damit unmittelbar vor Ausbruch des preußischen Krieges gegen Napoleon: Friedrich der Große ist seit zwanzig Jahren tot, Preußen aber und „seine“ Armee leben noch im Wahn einstiger Größe und Würde. Der Staat ist dünkelhaft erstarrt in beschränktem Kastendenken, und die Offiziere des Kürassierregiments „Gensdarmes“ sehnen sich nach einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Erzfeind Frankreich.

Schach von Wuthenow, ein überaus korrekter preußischer Offizier, verkehrt im Salon der attraktiven Witwe Josephine von Carayon. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, wann es zum Eheschluss kommt. In einer Offiziersrunde bei Prinz Louis Ferdinand wird über Victoire von Carayon, Josephines einst bildschöne Tochter, gesprochen, deren Gesicht jetzt durch Pockennarben entstellt ist. Der Prinz bekundet sein großes Interesse an dieser „Erscheinung“, denn wahre Schönheit zeichne sich nicht nur durch Äußerlichkeiten, etwa ein schönes Gesicht, aus, sondern durch Lebens- und Leidenserfahrungen. An Victoire, so der Prinz, schätze er Kühnheit, Leidenschaft, Stolz. Sie sei ein Wesen ohne falsche Rücksichtnahme, der eine gewisse Portion Zynismus nachgesagt werde – kein Hinderungsgrund für ein Objekt hochherrschaftlicher Begierde. Als Schach dem bis dahin seinerseits wenig beachteten Fräulein die versteckte Liebesbotschaft des Prinzen überbringt, wird er selbst entflammt von der besonderen „Schönheit“ des selbstbewussten Mädchens – und es kommt zu einer unzweideutigen Liebeserklärung des Rittmeisters.

Die er zwar schon auf der Treppe des Bürgerhauses, auf der er Zuflucht suchen muss, um der heimkehrenden Mutter Josephine auszuweichen, bereut. Später von eben dieser zur Rede gestellt, willigt Schach einer Heirat mit Victoire ein. Bedingung: ein Jahr Abwesenheit von der Residenz, die Garnison des Regiments war am Berliner Gendarmenmarkt, entweder in Italien oder auf seinem ländlichen Gut Wuthenow. Die Geschichte des Rittmeisters zwischen zwei Frauen, Mutter und Tochter, macht derweil bei den Gensdarmes die Runde und aus dem Kreis seiner Regimentskameraden erhält Schach Karikaturen zugesandt, die ihn als „schachmatt“ titulieren, als der Weiblichkeit erlegen. Solchermaßen in seinem Offiziersstolz gekränkt, will Wuthenow abdanken. Doch der Regent selbst verpflichtet ihn dazu, weiter der Fahne treu zu bleiben, zumal ein Feldzug gegen Napoleon unmittelbar bevorsteht. Schach von Wuthenow bleibt den verinnerlichten Prinzipien von preußischer Soldatenehre und Pflichterfüllung treu bis in den Tod: er heiratet Victoire im kleinen Kreis und nimmt sich noch am selben Abend auf der Heimfahrt in der Kutsche das Leben…

Hans Dieter Schwarze hat Dieter Meichsners Fontane-Adaption mit Kameramann Werner Kurz nicht im Stil idyllischer Kostümschinken verfilmt, sondern ganz im Brechtschen Sinne mehrfach gebrochen inszeniert. Damit vermeidet er jegliche Identifikationsdramaturgie. Er nimmt die Geschichte als quasi-dokumentarisches Geschehen ernst und lässt sie zum einen durch die beiden Freunde und zum anderen durch den Erzähler kommentieren. Letzterer stellt die Ereignisse in einen größeren zeitgeschichtlichen Zusammenhang und verkürzt zugleich die Distanz von über 150 Jahren zum heutigen Fernsehpublikum. So weckt HDS das Interesse für einen historischen „Fall“, der nur scheinbar längst aus der Zeit gefallen ist.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Kamera

Musik

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Drehbuch

Kamera

Musik

Darsteller

Produzent

Aufnahmeleitung

Länge:
79 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 13.11.1966, ARD

Titel

  • Originaltitel (DE) Die Geschichte des Rittmeisters Schach von Wuthenow

Fassungen

Original

Länge:
79 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 13.11.1966, ARD