Darsteller, Regie, Drehbuch, Kamera, Bauten, Schnitt, Ton, Sonstiges, Musik, Produzent
Zagreb, Kroatien München

Biografie

Vlado Kristl wurde am 24. Januar 1923 in Zagreb, Kroatien (damals: Jugoslawien), geboren und studierte dort von 1942 bis 1949 an der Kunstakademie. Nach Abschluss seines Kunststudiums arbeitete er als freier Maler und Lyriker, gleichzeitig sammelte er erste filmische Erfahrungen. 1954 zog er für fünf Jahre nach Chile, wo er seine Tätigkeit als Künstler fortsetzte. Kristl kehrte 1959 nach Jugoslawien zurück und arbeitete als Zeichner für den Zeichentrickfilm "Krađa dragulja" ("Der Juwelenraub") von Mladen Feman. Der Film erhielt 1960 eine ehrenvolle Erwähnung bei den Westdeutschen Kurzfilmtagen Oberhausen. Im selben Jahr produzierte Kristl den Film "Das Chagrinleder" frei nach Balzac.

1962 präsentierte Kristl in Oberhausen seinen nächsten Kurzfilm "Don Kihot", der einen der Hauptpreise gewann. Während des Festivals knüpfte Kristl erste Kontakte zu den jungen deutschen Filmemachern um Alexander Kluge und Peter Schamoni, die in jenem Jahr mit dem "Oberhausener Manifest" Furore machten und als "Oberhausener Gruppe" bekannt wurden.

Da Kristl in seinem Heimatland mangelnde Linientreue vorgeworfen wurde und er aufgrund seiner experimentellen Filme kulturpolitische Repressalien zu spüren bekam, emigrierte er 1963 nach München. Dort angekommen drehte er in der Produktion von Peter Schamoni seinen nächsten Kurzfilm "Der Topf" (1963), der bereits erkennen ließ, wie radikal Kristl das Konzept des Autorenfilms auffasste und wie wenig Rücksicht er dabei auf kommerzielle und massentaugliche Kriterien nahm. Im selben Jahr inszenierte er den Kurzfilm "Madeleine – Madeleine", welcher mehrere Auszeichnungen erhielt, darunter auch den großen Preis für den Besten Kurzspielfilm bei den Oberhausener Kurzfilmtagen.

Kristl, der sich bereits mit seinen avantgardistischen und experimentellen Kurzfilmen in der nach dem "Oberhausener Manifest" aufblühenden deutschen Filmszene einen Namen gemacht hatte, erhielt durch seinen ersten Langspielfilm "Der Damm" (1964) noch größere, wenn auch teilweise negative Bekanntheit. Der Film, produziert von Detten Schleiermacher, "erzählt" eine Dreiecksgeschichte: "Sie", ein von Petra Krause (später Petra Nettelbeck) gespieltes gelähmtes Mädchen, wird sowohl von einem "Er" (Kristl selbst) wie von "dem Mann" (Felix Potisk) umgarnt. Eine wirkliche Narration ließ sich jedoch nur bedingt erkennen, da Kristl die Geschichte in Bild- und Tonfragmente dekonstruierte. "Der Damm" wurde zum "Schicksalsfilm" Kristls, da er an der Kasse floppte, seinen Produzenten in den Ruin trieb und zum Zerwürfnis mit dem Atlas Filmverleih führte. Nach Kristls Einschätzung begünstigte der Film als Negativbeispiel die "reaktionäre Welle" des Jungen Deutschen Films, d.h. die erfolgreicheren, narrativ orientierten Filme.

Seine radikal experimentelle Herangehensweise behielt Vlado Kristl auch bei den folgenden Kurzfilmen "Autorennen" (1965) und "Die Maulwürfe" (1965) sowie bei seinem zweiten Spielfilm "Der Brief" (1966) bei. "Der Brief", gefördert durch das neu gegründete Kuratorium junger deutscher Film, handelt von einem Mann, der einen Brief zur Post bringen soll, sich stattdessen aber lieber selbst auf die Suche nach dem Adressaten macht.

Kristls anarchistische Vorstellung, mithilfe der Kunst die Zerstörung des Systems zu forcieren, entfernte ihn immer mehr von seinen Autorenfilmer-Kollegen um Peter und Ulrich Schamoni sowie Alexander Kluge und Peter Berling. Die problematischen persönlichen Verhältnisse spiegelten sich in den Sketchen der für das Fernsehen produzierten Serie "Sekundenfilme. Vlado Kristls große Minishow" (1968). Seine Ideale und sein Groll gegen die bestehende Filmförderstruktur wurden zum Grundkonzept seines nächsten Langfilms "Film oder Macht" (1970). Kristl führt darin den bürokratischen Apparat der Projektkommission der Filmförderung ad absurdum. Den filmischen Kampf hin zur Anarchie setzte Kristl kurz darauf im "Obrigkeitsfilm" (1971) fort, an dem unter anderen Jean-Marie Straub und Danièle Huillet mitwirkten

Seit Mitte der 1960er Jahre war Vlado Kristl neben seiner Arbeit als Filmemacher auch als Autor und Schriftsteller tätig. Er publizierte Texte und Bücher sowie in Eigenproduktion erstellte Hefte, in denen er seine Filmarbeiten dokumentierte. Ab 1972 widmete Kristl sich zudem wieder verstärkt der Malerei, produzierte jedoch vereinzelt Kurzfilme und wirkte auch bei Filmen wie "Der lange Abschied von Oberhausen" (1974) von "Manifest"-Unterzeichner Bernhard Dörries mit, der eine Bestandsaufnahme des Neuen Deutschen Films versucht. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit als Maler und Zeichner lehrte Kristl ab 1979 an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg.

Nach filmischer Pause meldete sich Vlado Kristl bei den Berliner Filmfestspielen von 1984 zurück. Hier präsentierte er seinen bisher wohl abstraktesten und anarchistischsten Film "Tod dem Zuschauer", ein Werk ohne erkennbares Thema und ohne jede herkömmliche Narration. Der Film zeigt lediglich einzelne Szenen auf einer Straße, ab und an werden unzusammenhängende Dinge gesprochen oder es geschieht einfach gar nichts. Vlado Kristl charakterisierte seinen Film folgendermaßen selbst: "Ein Nicht-Film für Nicht-Zuschauer, der hoffentlich den Kinobetrieb stört."

Kristls Spätwerke ab den 1990er Jahren waren geprägt von kürzeren Experimentalfilmen, die das eigene künstlerische Schaffen als Zeichner, Maler und Lyriker aufgreifen, teils dekonstruieren und verfremden. In "Die Hälfte des Reichtums für die Hälfte der Schönheit" (1994) übermalt Kristls Kamera seine eigenen Gemälde bis hin zur Unkenntlichkeit – eine schonungslose Form der Selbstanalyse. Eine weitere Abrechnung mit dem Kunstbetrieb inszenierte er in "Der letzte Klon" (1998). Die Schauspielerin Carola Regnier ließ er in "Kunst ist nur außerhalb der Menschengesellschaft" (2002) Teile aus seinem Gedichtband "Der Menschenfeind" rezitieren, jedoch in einer unverständlichen Weise. Seinen letzten Film "Weltkongress der Obdachlosen" (2004) kommentierte er selbst mit den Worten: "Das ist ein Film, in dem es nichts zu sehen gibt."

Vlado Kristl, der wohl radikalste Anarchist des deutschen Filmschaffens, starb am 7. Juli 2004 in München.

 

 

FILMOGRAFIE

2004
  • Darsteller
  • Regie
  • Kamera
  • Schnitt
  • Ton
  • Musik
2003
  • Darsteller
2002
  • Regie
  • Drehbuch
  • Vorlage
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1998
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Zeichnungen
  • Schnitt
  • Musik
  • Produzent
1994
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Animation
  • Schnitt
  • Produzent
1992
  • Regie
  • Produzent
1991
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt
  • Ton
  • Produzent
1990
  • Regie
  • Produzent
1990
  • Regie
  • Produzent
1983-1985
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Spezialeffekte
1983/1984
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1975
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kommentar
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1974
  • Darsteller
  • Regie
  • Kommentar
1973
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt
1971/1972
  • Mitwirkung
1972
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1971
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1971
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1971
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1971
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1969/1970
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Schnitt
  • Produzent
1969
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
1968
  • Regie
  • Drehbuch
  • Kamera
  • Produzent
1967
  • Regie
  • Drehbuch
1966
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
1965
  • Darsteller
1965/1966
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
1966
  • Mitwirkung
1964/1965
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
1965
  • Regie
  • Drehbuch
  • Produzent
1964
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
1964
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
1963
  • Darsteller
  • Regie
  • Drehbuch
  • Schnitt
1963
  • Regie
  • Drehbuch