Geschwister

DDR 1975 TV-Film

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Heinz17herne
Heinz17herne
Berlin. Hella Wille (Walfriede Schmitt), die Mutter des zwölfjährigen Ekkehard (Stefan Naujokat) und der sechzehnjährigen Ilona Wille (eindrucksvolles Debüt der gleichaltrigen Schülerin Marijam Agischewa), und Herbert Lohner (Dietmar Richter-Reinick), der Vater des siebenjährigen Andreas Lohner (Bert Paul), sind sich einig. Die beiden Reichsbahner, er Diesellokführer, sie Zugbegleiterin, möchten heiraten. Und in der Hauptstadt zusammenziehen, auch für die Kinder. Ein vernünftiger Entschluss, sagen sie sich. Aber, was nutzt es, wenn die Erwachsenen sich einig sind, aber die Kinder sich eventuell nicht vertragen. Zumal der Altersunterschied ziemlich groß ist zwischen der beinahe erwachsenen Ilona, ihrem jüngeren Bruder und dem Benjamin Andreas, der bisher bei den Großeltern Hansen (Elli Jessen-Somann und Hans Klering) im idyllischen Fesendorf an der Ostsee gelebt hat. Klingt wie Feriendorf. Aber erstens wird Opa Hugo nun bald achtzig Jahre alt und zweitens steht Andreas kurz vor der Einschulung. Da wäre die Hauptstadt natürlich die bessere Wahl.

Für Mutter Wille geht es freilich auch um die Frage, ob sie ihren geliebten Beruf aufgeben muss, um sich dann nur noch um den gemeinsamen Haushalt mit künftig drei Kinder zu kümmern. Auf alle Fälle wäre sie auf die starke Unterstützung der beiden großen Kinder angewiesen. Ilona und „Ekke“ versichern vollmundig, das sei alles kein Problem: Sie drängen die Erwachsenen, sich endlich zu entscheiden. Herbert Lohner und Hella Wille machen es sich wahrlich nicht leicht. Bevor sie beim Standesamt das Aufgebot bestellen und Herbert sich um Nachmieter seiner Wohnung bemüht, machen sie die Probe aufs Exempel und organisieren einen gemeinsamen Urlaub an der Ostsee, bei dem sich die Eltern bewusst rar machen. Die drei Kinder sollen sich richtig kennenlernen, und das geht am besten, wenn man sie machen lässt. Weshalb auch die Großeltern Hansen, zu denen sich die beiden Berliner mit dem Zug aufmachen, die Zügel schleifen lassen.

Im Zug trifft Ilona zufällig auf Siegfried (Burkhard Völkel), den sie vom Ruderverein kennt. Er fährt mit einer größeren Gruppe Gleichaltriger zum Sportcamp an die Ostsee – und wie sich herausstellt, ist das Zeltlager auch in Fesendorf. Beim Umsteigen in Putbus verabreden sie sich noch für den Abend: Ilona ist ganz Feuer und Flamme. Und Ekki der Gelackmeierte: Er soll schön daheim bei den Hansens bleiben und auf den kleinen Andreas aufpassen, der sich ganz verstört erst 'mal unter dem Küchentisch verkrochen hat: Er will auf keinen Fall nach Berlin, sondern hier bei den Großeltern und den ganzen Tieren bleiben. Als der Wind nachts eine Tür zuschlägt, schreckt Andreas hoch – er hat Angst vor dem Gespenst vom Bodden.

„Am Wasser aufgewachsen und kann nicht schwimmen?“: Ekki fasst es nicht, dass ihm beim Kleinen immer neue Aufgaben zugeschustert werden. Viel lieber würde er sich mit den Gleichaltrigen vom nahen Pionierlager messen – beim Ballsport am Strand. So fühlt sich der kleine Andreas bald als das fünfte Rad am Wagen und weigert sich beharrlich, erste Schwimmversuche in der Ostsee zu unternehmen. Ausflüge mit Ilona auf den Leuchtturm bleiben die Ausnahme: die Berliner zieht es zu alten und neuen Freunden an den Strand. Und nicht immer hat der Landarzt (Wolfgang Hübner) einen freien Tag, den er mit seiner Frau (Evelyn Lange) am Strand verbringt, die ganz selbstverständlich ein Auge auf Andreas hat.

Der ist allerdings nicht immer nur ein Klotz am Bein. Beim Heidelbeerpflücken erkennt Andreas, dass es sich bei der Schlange, die Ilona einen gehörigen Schrecken eingejagt hat, um eine harmlose Ringelnatter handelt. Als Ekki mit einem Gleichaltrigen verbotenerweise im Bodden taucht und sich ein Fuß im Schlick verheddert, holt Andreas Hilfe bei Ilona. Und als sich die beiden unerfahrenen Stadtkinder einen Sonnenstich holen, zögert Andreas nicht lange und holt mitten in der Nacht den Arzt. Der verkündet anerkennend: „Wer so viel Mut hat, allein durch den Wald zu gehen, der kann auch schwimmen.“ Was Andreas dazu veranlasst, am anderen Morgen ganz früh an den noch menschenleeren Strand zu gehen und sich allein in die Wellen zu wagen...

„Große Schwestern sind entsetzlich – und kleine Brüder auch“: Der am 28. Dezember 1975 erstmals ausgestrahlte heitere Film „Geschwister“ von Eberhard Borkmann (Buch) und Wolfgang Hübner (Buch und Regie) nach einem Szenarium von Gisela Richter-Rostalski, eine Defa-Produktion (PL Walther Kronenthal) für das Fernsehen der DDR, erzählt achtzig unterhaltsame, zuletzt richtig spannende Minuten lang von gemeinsamen Sommerferien der Kinder am Bodden (Musik: Günther Fischer, Kamera: Eberhard Borkmann). Wo neben heißgeliebtem Federvieh, das dem Heißhunger auf Broiler geopfert werden könnte, und der Suche nach Abnehmern für süße Katzenkinder der geschwisterlichen Harmonie noch manches unerwartetes Hindernis entgegensteht, darunter auch das blonde Gift Renate (Angelika Herrmann), Ilonas Rivalin um Siegfrieds Herz. Zwar hat der Fesendorfer Kneipenwirt (Günter Schubert) Recht, wenn er Opa Hugo rät, sich bei den Enkelkindern besser nicht einzumischen. Sie dafür aber bereits am ersten Abend sich selbst zu überlassen, hätte auch daneben gehen können. Was dann aus der neuen Familie in Berlin wird, wäre Stoff für eine spannende Fortsetzungsgeschichte.

Marijam Agischewa am 27. Februar 2020 im Gespräch mit Behrang Samsami (Deutscher Kulturrat) über ihr Defa-Debüt: „In der Schule, da war ich 16 Jahre alt, hatte man mich für einen Film entdeckt, ‚Geschwister‘. Der Regisseur Wolfgang Hübner und die anderen Defa-Leute zogen von Schule zu Schule und sahen sich sehr viele Jugendliche an. Ich war in einer Klasse mit besonders hübschen Mädchen. Bei uns wurden fünf oder sechs für das Casting ausgesucht – ich nicht. Ich saß ganz hinten. Mich hatten sie übersehen. Ich war in der Theatergruppe und war deprimiert, aber auch zu schüchtern, um mich zu melden. Dann gingen die Defa-Leute schon, doch da drehte sich eine Frau um und sagte: ‚Die Brünette da hinten mit den langen Haaren. Sie können wir auch noch nehmen.‘ So bin ich auf die Liste gekommen. Das Casting ging über Monate. Und zum Schluss bin ich übriggeblieben. ‚Geschwister‘ wurde während der Sommerferien gedreht.“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Aufführung:

Uraufführung (DD): 28.12.1975, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Geschwister

Fassungen

Original

Aufführung:

Uraufführung (DD): 28.12.1975, DDR-TV