Heinrich Tichawsky

Darsteller, Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt, Produzent, Produktionsleitung
Cieszyn, Polen Oberbayern

Biografie

Heinrich (Heinz) Tichawsky, geboren am 31. Mai 1924 in Cieszyn, Polen, studierte Pharmazie und entdeckte nach eigener Aussage durch biologische Lehrfilme sein Interesse am Dokumentarfilm. Er begann, sich in Filmclubs zu engagieren und organisierte an der Universität Vorführungen berühmter Dokumentarfilme. Von den Komponisten Carl Orff wurde er schließlich angeregt, eine Dokumentation über dessen "Schulwerk" zu drehen – das Ergebnis war Tichawskys Debüt-Kurzfilm "Musik für Kinder" (1954), den er als "Ein-Mann-Produktion" (Zitat Tichawsky) realisierte.

1956 lernte er den jungen Filmemacher Hans Rolf Strobel kennen. Mehr als 15 Jahre lang verband die beiden eine enge künstlerische und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Gemeinsam realisierten sie eine Vielzahl von Fernsehbeiträgen und (Kurz-)Dokumentarfilmen. Beide gehörten 1962 auch zu den Unterzeichnern des Oberhausener Manifests. Bereits im Jahr zuvor hatten sie ihr wohl berühmtestes Werk fertig gestellt, "Notizen aus dem Altmühltal" (1961/62), eine bissige Beobachtung des Alltags in einer wirtschaftlich abgeschlagenen Gegend in Süddeutschland. Den polemisch-kritischen Kommentar des Films nahm die Wiesbadener Filmbewertungsstelle so übel, dass sie ihm ein Prädikat verweigerte und ihn auf diese Weise für Kinobetreiber unattraktiv machte.

1963 erhielten Tichawsky und Strobel das Filmband in Gold als "Beste Nachwuchsregisseure" sowie ein Filmband in Silber für den "besten abendfüllenden Kultur- u. Dokumentarfilm" für "Notabene Mezzogiorno" (1962). Darin zeichneten sie einen Gegenentwurf zur verklärten italienischen Urlaubswelt, die in den Mainstream-Spielfilmen dieser Zeit das Bild Italiens bestimmte.

Vier Jahre später folgte dann ein Filmband in Gold in der Kategorie "Bester abendfüllender Dokumentarfilm", diesmal für "Das Wunder von Mailand" (1967), der die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in den Randzonen der norditalienischen Metropole unter die Lupe nimmt. Ähnlich den Dokumentarfilmen verstand sich auch ihr Spielfilmdebüt "Eine Ehe" (1968) als Rekonstruktion bestehender sozialer Verhältnisse, deren Basis, also die recherchierbaren Fakten, während des Films vorgetragen und ausgelegt werden.

Um 1972, nach dem Dreh zu "Eine Liebe", einem semidokumentarischen Film über den gemeinsamen Selbstmord eines jungen Liebespaars, dessen endgültige Fertigstellung bis 1975 dauerte, trennten sich die Wege der beiden Regisseure. Während Strobel fortan in Alleinregie Filme drehte, wandte Heinrich Tichawsky sich dem Lizenzhandel zu.

Im März 2003 starb Heinrich Tichawsky in seiner Wahlheimat Oberbayern.