2003

6. - 16. Februar
Die 53. Berlinale (um einen Tag verkürzt) gilt als rundum erfolgreich. Auch für den deutschen Film. Im Wettbewerb: "Good Bye, Lenin" von Wolfgang Becker, "Lichter" von Hans-Christian Schmid und "Der alte Affe Angst" von Oskar Roehler. Die Retrospektive ist Friedrich Wilhelm Murnau gewidmet.

8. Februar
Uraufführung des Films "Good Bye, Lenin" von Wolfgang Becker im Rahmen der Berlinale. Die ironisch-nostalgische Tragikomödie über die Wendezeit – mit Katrin Saß und Daniel Brühl – wird anschließend zu einem überragenden Erfolg: mehr als 6 Millionen Besucher. Für Bundestagsabgeordnete wird eine Spezialvorführung organisiert.

3. März
Der Schauspieler Horst Buchholz, 69, stirbt in Berlin. Seine erste Schlüsselrolle war der Freddy in "Die Halbstarken" (1956). In den Sechzigern machte er international Karriere. Seine letzte große Rolle spielte er in Benignis "La vita e bella" (1998).

7. März
Der Filmproduzent Manfred Durniok, 68, stirbt in Berlin. Er gewann sieben Deutsche Filmpreise und einen "Oscar" (für "Mephisto"). Seine Liebe galt China. Dort war er 120 mal. "Niemand hat so beharrlich Brücken gebaut zwischen Kulturen und Nationen wie er." (Dieter Stolte).

20./21. März
In Berlin veranstalten die Bundeszentrale für politische Bildung und die Filmförderungsanstalt den Kongreß "Kino macht Schule". Angestrebt wird die Integrierung des Mediums Film in den Schulunterricht. Als Problem werden die Lehrer angesehen: sie verstehen in der Regel weniger vom Film als ihre Schüler.

23. März
"Oscar" für "Nirgendwo in Afrika" von Caroline Link. Der erste deutsche Erfolg in der Kategorie nichtenglischsprachiger Film seit 1979 ("Die Blechtrommel").

1. April
Übernahme der insolventen Ufa durch die Lübecker Kieft & Kieft-Gruppe. Die konkurrierenden Kinokonzerne entwickeln immer neue Überlebensstrategien.

April
In Essen wird die "Lichtburg" wiedereröffnet, mit 1.250 Sitzplätzen das größte Filmtheater der Bundesrepublik. Das Traditionshaus stammt aus dem Jahre 1928, wurde 1943 durch Bomben zerstört, 1949/50 nach altem Vorbild wieder aufgebaut und 2002 grundlegend renoviert. 1995 konnte der Abriß durch eine Protestwelle verhindert werden.

6. Juni
Der Film "Good Bye, Lenin" gewinnt den Deutschen Filmpreis in Gold. Silberne "Lolas" gehen an "Lichter" von Hans-Christian Schmid und "Nackt" von Doris Dörrie. Den Ehrenpreis erhält der Filmhistoriker Ulrich Gregor. Bei der Verleihung wird die baldige Gründung einer "Deutschen Filmakademie" annonciert.

16. Juli
Auf Einladung der Bundeszentrale für politische Bildung stellen 15 Experten (Filmemacher, Kritiker, Pädagogen und Filmhistoriker) in Berlin einen Kanon wesentlicher Filme zusammen, die in den Schulen bis zum Abitur gesehen werden sollten. Unter den 35 Titeln befinden sich sieben deutsche Filme: "Nosferatu" (1922), "M" (1931), "Emil und die Detektive" (1931), "Die Brücke" (1959), "Ich war neunzehn" (1966), "Alice in den Städten" (1974) und "Die Ehe der Maria Braun" (1978). Die Auswahl wird natürlich heftig diskutiert.

17. Juli
Der Filmproduzent Hans Abich, 84, stirbt in Freiburg. Die von ihm gegründete "Filmaufbau GmbH" in Göttingen hat in den fünfziger Jahren beachtenswerte und erfolgreiche Filme produziert: "Nachtwache", "Das Wirtshaus im Spessart". Ab 1961 hatte er leitende Fernsehfunktionen in Bremen und München.

18. Juli
In München wird nach siebenjähriger Abriß- und Neubauphase der "Mathäser-Filmpalast" wiedereröffnet. Mit 4.283 Plätzen in 14 Sälen ist er der größte und repräsentativste Kinokomplex der Stadt.

10. August
Premiere des Films "Das Wunder von Bern" von Sönke Wortmann auf der Piazza in Locarno. Der Film gewinnt den Publikumspreis des Festivals. Er thematisiert den Triumph der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1954 in einer Ruhrgebietsgeschichte.

6. September
Katja Riemann, Hauptdarstellerin des Films "Rosenstraße" von Margarethe von Trotta, gewinnt in Vendig die "Coppa Volpi". Der Film schildert authentisch, aber fiktiv eine Begebenheit aus dem Zweiten Weltkrieg, in der sich deutsche Frauen dagegen zur Wehr setzen, daß ihre Männer jüdischer Abstammung von den Nazis verschleppt werden.

8. September
Gründung der "Deutschen Filmakademie" in Berlin. Den Vorsitz im Vorstand des Vereins führt Stefan Arndt. Als Präsidenten fungieren Senta Berger und Günter Rohrbach. Die Liste der Gründungsmitglieder umfaßt 100 Namen. Die Filmakademie soll die Belange des deutschen Films vertreten und ab 2005 die Verleihung des Deutschen Filmpreises verantworten.

9. September
Leni Riefenstahl stirbt im Alter von 101 Jahren in Pöcking am Starnberger See. "Hartnäckig huldigte sie der absoluten Schönheit, die sie um keinen Preis zusammenbringen wollte mit der Politik." (Fritz Göttler). Ihre Autobiografie trägt den schlichten Titel "Memoiren" (1987).

6. Dezember
Verleihung des Europäischen Filmpreises in Berlin. Zum ersten Mal ist ein deutscher Film in sechs Kategorien erfolgreich: "Good Bye, Lenin" (Film des Jahres, bestes Drehbuch, bester Darsteller und drei "Publikumspreise").

 

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Hans Helmut Prinzler: Chronik, 1895-2004. In: Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler (Hg.): Geschichte des deutschen Films. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler 2004

© 2004 J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart.