1998

15. Januar
Der Produzent Ludwig ("Luggi") Waldleitner, 84, stirbt in Innsbruck. Mit seiner Firma "Roxy Film" hat er seit den fünfziger Jahren erfolgreich für das Kino produziert, zuweilen auch mit Regisseuren (Fassbinder), die ihm eher fremd waren. "Mit all seinen Heimat- und Simmel-Filmen hat er zeitweise den Blick der Deutschen auf die Welt mitgeprägt." (Michael Althen).

30. Januar
Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen schließen gemeinsam Verträge ab zur Gründung einer "Mitteldeutschen Medienförderung", die zunächst mit 17,5 Millionen DM ausgestattet werden soll. Geschäftsführer wird der Kulturredakteur Manfred Schmidt.

11. - 22. Februar
Die deutschen Beiträge haben keine Chancen bei der Berlinale. Aber der älteste Gast zieht die Aufmerksamkeit auf sich: Curt Siodmak, Drehbuchautor, 96 Jahre alt. Ihm und seinem Bruder Robert (gestorben 1973) ist die Retrospektive gewidmet. Zwei Jahre später stirbt Curt, der 1933 ins Exil gehen mußte, in seinem Heimatort Three Rivers, California.

10. März
Der Regisseur und Produzent Ulrich Schamoni, 58, stirbt in Berlin. "Er war ein großzügiger, vielseitiger Mensch: Regisseur, Radiogründer, Videofilmer, Polaroid-Fotograf, Märchenillustrator, Kartenspieler, Bildersammler und Bewahrer von Merkwürdigkeiten jeder Art. Gleichermaßen bewandert in den einträglichen wie in den brotlosen Künsten." (Wolfgang Kohlhaase).

25. März
In Dresden wird einer der interessantesten Kinobauten des Jahrzehnts eingeweiht: das "Kristall" des "Ufa-Palastes". Die Außenkonstruktion der Wiener Architekten Prix und Swiczinsky ist spektakulär. Die acht Kinosäle mit 2.600 Sitzplätzen sind allerdings eher konventionell.

29. April
Der Deutsche Bundestag beschließt die – inzwischen 7. – Novelle zum Filmförderungsgesetz. Zum Leidwesen der Filmwirtschaft werden die Fernsehveranstalter wieder nicht gesetzlich verpflichtet, sich an der Förderung zu beteiligen. Sie zahlen immerhin freiwillig. 

12. Mai
Die Münchner Filmrechte-Firma "Kinowelt Medien AG" geht an die Börse. Das Unternehmen – Jahresumsatz 1997: 120 Millionen DM – ist auch als Filmverleiher und Betreiber eigener Kinos aktiv. Analysten erwarten Wachstumsraten von über 20 Prozent jährlich. Die "Kinowelt" war von Michael Kölmel 1984 als kleiner Verleih mit großen Ambitionen gegründet worden.

6. Juni
Der Deutsche Filmpreis wird in einem Festzelt am Brandenburger Tor in Berlin verliehen. Das Filmband in Gold geht an "Comedian Harmonists" von Joseph Vilsmaier. Silberne Bänder erhalten "Winterschläfer" von Tom Tykwer und "Zugvögel ... Einmal nach Inari" von Peter Lichtefeld.

8. Juli
Peter Buchka, 55, Filmredakteur der "Süddeutschen Zeitung", stirbt in München. Er hat den Neuen deutschen Film und das internationale Kino über ein Viertel Jahrhundert reflektierend und ermutigend begleitet. "Nach seiner Kritik haben wir Macher uns gerichtet. Er war der einzige Philologe des Films, den ich kenne." (Alexander Kluge).

20. Juli
Als größtes deutsches Kinounternehmen geht die Hamburger "Cinemaxx AG" an die Börse. Der Emissionspreis pro Aktie betrug 48 DM, der Schlußkurs am ersten Handelstag liegt bei 52 DM. "Cinemaxx" ist mit 14 Multiplexen Marktführer bei den Kinozentren in der Bundesrepublik.

20. August
Premiere des Films "Lola rennt" von Tom Tykwer. Er bringt ins deutsche Kino eine Aufbruchsstimmung, erreicht 2,2 Millionen Zuschauer und vertritt die Bundesrepublik im Wettbewerb des Festivals in Venedig. Der Titel wird zu einem geflügelten Wort.

Oktober
Die neue Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) gibt der Kultur einen eigenständigen Platz: sie schafft das Amt eines "Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien beim Bundeskanzler". Erster Staatsminister wird der Verleger Michael Naumann, der auch für die Filmpolitik des Bundes zuständig ist. Film und Kultur waren bisher beim Innenminister angesiedelt.

14. Dezember
Der Journalist und Filmregisseur Will Tremper, 70, stirbt in München. Zwischen Papas Kino und dem Neuen deutschen Kino hat er sich mit fünf sehr direkt erzählten Filmen bemerkbar gemacht, am deutlichsten in "Die endlose Nacht" und "Playgirl". Über seine Filmzeit hat er sich auch autobiografisch geäußert: "Die große Klappe" (1999).

15. Dezember
Gründung der "DEFA-Stiftung" in Berlin. Wolfgang Klaue, vormals Direktor des Staatlichen Filmarchivs der DDR, wird zum ersten Vorstand ernannt. Mit der Förderung unterschiedlichster Projekte wird die Stiftung auch kulturell aktiv.

 

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Hans Helmut Prinzler: Chronik, 1895-2004. In: Wolfgang Jacobsen, Anton Kaes, Hans Helmut Prinzler (Hg.): Geschichte des deutschen Films. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Metzler 2004

© 2004 J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart.