Lovely Rita

Österreich Deutschland 2000/2001 Spielfilm

filmportal.de TV-Tipp zu "Lovely Rita"

Anässlich der Ausstrahlung auf ARTE, 2009

Es ist eine heikle Angelegenheit, sich auf filmischer Ebene mit dem Thema Amoklauf zu befassen. Allzu schnell gerät man dabei ins Fahrwasser reißerischer Ausschlachtung und trivialer Erklärungsmuster. Umso bemerkenswerter ist die nüchterne Art, mit der die österreichische Regisseurin Jessica Hausner in ihrem Debütfilm "Lovely Rita" an das Thema herangeht.

Mit kühler Distanz, aber nicht ohne emotionale Anteilnahme entwirft Hausner das Psychogramm einer Teenagerin, die an der Kommunikationslosigkeit ihrer Umwelt zu ersticken droht: Rita, großartig verkörpert von der Laiendarstellerin Barbara Osika, wächst in einem klassisch kleinbürgerlichen Umfeld auf. Im trostlosen Reihenhaus der Eltern in der Wiener Vorstadt herrscht zwischen familiären Fernsehabenden und kleinen Streitereien über nicht heruntergeklappte Klodeckel eine vollkommene emotionale Apathie.
Immer deutlicher versucht Rita, in der Schule eine Außenseiterin, aus ihrer Vereinsamung auszubrechen – doch ihre verzweifelten und hilflosen Signale (Schule schwänzen, eine beliebte Mitschülerin schikanieren) werden als pubertäre Ausfälle gedeutet und nicht weiter beachtet. In einem jüngeren, lungenkranken Nachbarsjungen scheint sie schließlich einen Seelenverwandten zu finden. Doch als die Eltern von den ersten, reichlich unbeholfenen sexuellen Gehversuchen der beiden erfahren, wird auch dieser Kontakt unterbunden.
Mit der selben Emotionslosigkeit, mit der sie ihre Umwelt erlebt, greift Rita eines Abends zum Revolver ihres Vaters...

Keine Frage: Im dramaturgischen Verlauf folgt Jessica Hausners "Lovely Rita" durchaus vertrauten Erklärungsmustern für Amokläufe. Was ihre Erzählung jedoch so schlüssig macht, ist die Präzision, mit der sie die Welt, in der Rita sich bewegt, darstellt. Von der Ausstattung über die Lichtsetzung bis zu den typgenau besetzten Darstellern ist "Lovely Rita" von einer seltenen Stimmigkeit. Die punktgenaue, distanzierte Inszenierung und der leicht ironisch-satirische Tonfall erinnern dabei an den Fassbinder-Klassiker "Warum läuft Herr R. Amok?" – ein größeres Kompliment kann man einer jungen Regisseurin eigentlich kaum machen.

 

 

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