Samson und Delila

Österreich 1922 Spielfilm

Samson und Delila


J–s., Film-Kurier, Nr. 93, 21.4.1923


Ein Film hergestellt nach dem bewährten Rezept der Mischung von moderner und historisierender Handlung. Die Verbindung zwischen beiden Kostümierungen wird in diesem Fall duch den Charakter der Heldin als Opernsängerin zuwege gebracht, denn Julia Sorel hat zum ersten Male die Rolle der Delila zu spielen und läßt sich nun die Geschichte dieser nicht gerade rühmlichen Frau durch einen alten Rabbi erzählen. (...)

Die sozusagen rhetorische Verbindung der biblischen Handlung mit der neuzeitlichen ist der Grund, weshalb die beiden ersten Akte des an sich schönen und sehenswerten Bildes zunächst kühl lassen. Es hätte, um diesen Fehler zu überwinden, nur der Maßnahme bedurft, bereits in diesen Akten die eigentliche Handlung einzufädeln, also die Personen einzuführen, um die es vom dritten Akt an geht: den Prinzen Andrej Andrejewitsch und den jungen Tenoristen Ettore Ricco. Zur Störung der Illusion mag zudem noch ein Umstand beitragen, nämlich der, daß die in den beiden ersten Akten aufgespürte "große Linie" des biblischen Geschehens, mit andern Worten die schlichten Gesten des keulenbewaffneten Samson zu leer und spielerisch wirken, als daß von ihnen eine Überzeugung ausgehen könnte. (...)

Das Positive an diesem Film sind aus diesem Grunde nicht die enormen Prunkbauten, die in zahlreichen Wiederholungen wiederkehren, sondern die modernen Bilder, die mit der Störung der Opernvorstellung ihren ersten dramatischen Höhepunkt erleben und dann sehr geschickt zu einer frohgestimmten Schlußepisode auslaufen, die an Spannung gegen die ersten Bilder des neuzeitlichen Konfliktes nichts einbüßt. Regietechnisch sind sehr erfreuliche Leistungen vorhanden: die Verwirrung im Opernhaus nach dem Attentat auf den Prinzen Andrei, die Spielmomente an Bord der Yacht "Rul", das Auftreten des geheimnisvollen "Anarchisten" an Bord dieses Schiffes und die Auflösung des Attentatverdachtes – alles das ist mit vielem Geschick durchgeführt worden, und auch die Darsteller Maria Corda, Franz Herterich, Paul Lukaos und Ernst Arndt entsprechen vollkommen ihren Rollenaufgaben; in der historisierenden Handlung hingegen bleibt alles schemenhaft, ungeeignet – irgendwie menschlich zu erwärmen und damit innere Beziehungen zur Hauptverhandlung herzustellen.(...)

Rechtsstatus