Der Hexer

BR Deutschland 1964 Spielfilm

Der Hexer



Ie, film-dienst, Nr. 35, 1964


Nachdem er zwei seiner Komplicen getötet hat, kommt der üble Gangsterboß durch den "Hexer" ums Leben, der damit die Ermordung seiner Schwester rächt. Formal überdurchschnittlicher deutscher Kriminalfilm nach Edgar Wallace. Der in selbstverständlich geübten Rachejustiz und der Zweideutigkeit der Priesterfigur wegen Einwände.

Frei nach Wallace, heißt es in diesem Falle. Hat man doch aus der ein wenig verstaubten, sich psychologisierend und sentimental gebenden Vorlage, die auch optisch wenig Möglichkeiten geboten hätten, eine handfeste und muntere Kriminalstory gemacht, in der der Haupt- und Erzschurke, der Rechtsanwalt Maurice Messer, flugs in ein ganzes Gangsterquartett verwandelt wird, dessen bieder sich gebender Boß er nun ist. Von den drei übrigen üblen Typen sieht man den im Priesterrock getarnten bald und gerne von der Leinwand verschwinden. Die beiden anderen erfahren ihr Schicksal durch ihren hinterhältigen Boß, der sich ihrer als überflüssige Mitwisser entledigt. Bleibt der feige, vor Angst schwitzende "Rechtsanwalt"-Boß selbst, der weiß, daß ihn der Tod erwartet, den der "Hexer" ihm und seinen Komplicen gleich zu Beginn des Films schriftlich angekündigt hat. Er hat ihn nie gesehen, den "Hexer", aber er weiß, daß er kommen wird, um seine Schwester zu rächen, die der feine Anwalt ermorden ließ, nachdem sie als seine Sekretärin seine Praxis als Tarnung für profitlichen Mädchenhandel durchschaut hatte. – Wer ist der "Hexer"? Das ist die Frage, die nicht nur den Todeskandidaten, sondern ebenso den Zuschauer wie Scotland Yard beschäftigt, der ihn wegen einer alten Sache (er hat vor Jahren zwei Halunken dazu gebracht, sich selbst zu richten) hinter Gitter bringen möchte. Die turbulente und überraschungsreiche Handlung sorgt bis zum Ende für Spannung. Es wird munter verdächtigt. Jeder verfolgt mißtrauisch jeden und rettet gerade im rechten Augenblick jeden, wenn die Gangster zu einem neuen bedrohlichen Schlag ausholen. Wortwitz und manche heitere Situationskomik lockern das schwarze Geschehen auf. Der Unwahrscheinlichkeiten sind viele. Vor allem der Schluß, des Rätsels "Lösung", wirkt ebenso unwahrscheinlich wie bühnenhaft: "Genau, wie damals" (als der "Hexer" zuschlug), meinen mit einem augenzwinkernden Seitenblick auf die Romanvorlage alle wie zum Schlußbild eines Bühnenstücks aufgezogenen (noch lebenden) Mit-Spieler. Und "genau, wie damals" kommt es (in geschickter Abänderung des Romans) mit einem ebenso komischen wie unwahrscheinlichen Salto mortale zum Ende eines Kriminalspiels, das sich in einem farbigen Vorspann mit viel rotem Blut, Pistolenschüssen, schauderlichen Schreien und weiteren einschlägigen Geräuschen karikierend einführte. Der harten Szene freilich, in der der junge Polizist – als einziger auf der Seite der "Guten" – auf so üble Weise sein Leben einbüßt, hätte man allerdings gerne eine weniger breite Ausspielung gewünscht. Zugute halten muß man dem Film, daß er aus dem sich bietenden Stichwort "Mädchenhandel" nirgendwo in unangenehmer Weise Kapital schlägt. Wenn auch an einigen Stellen die Tendenz zu erotischer Freizügigkeit zu spüren ist, so hat man doch meistens Gelegenheit zum Verlachen einer bestimmten Art von Super-Erotik, die der Film komisch macht oder spöttisch-karikierend aufs Korn nimmt. Kritisch anzumerken ist die zu selbstverständlich geübte Rachejustiz des "Hexers".

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