'ne günstige Gelegenheit

Deutschland 1999 Spielfilm

´ne günstige Gelegenheit



Anke Sterneborg, epd Film, Nr. 12, Dezember 1999


Gelegenheit macht Diebe, heißt es. und genau so funktioniert es dann auch in diesem Film: Gosbert Klee ist ein armer Schlucker, der sich mit dem Kofferverkauf von Sexspielzeug durchs Leben schlägt. Er ist einer der gut aussieht (Benno Fürmann) und wenig draus macht. Einer der Unheil anzieht wie ein klebriger Papierstreifen die Fliegen: So lässt er sich also von der hübschen, aber illegal in Deutschland lebenden Prostituierten Carlotta dazu breitschlagen, die Leiche eines unerwartet verstorbenen Kunden verschwinden zu lassen, freilich nur gegen den Inhalt seiner Brieftasche, der ihm allerdings an der nächsten Straßenecke bereits von zwei Straßenräubern wieder abgenommen wird. Wer seine Beute so schnell verliert, muss sich auch schnell nach der nächsten Gelegenheit umsehen. Die kommt, als er im Auto des Toten einen gefesselten und geknebelten Mann findet: "ne günstige Gelegenheit für eine Entführung!" denken er und sein lieber, aber auch nicht besonders kluger Freund Abo(Armin Rhode), der den Campingplatz führt, auf dem seine wohl nicht mehr fahrbare Bleibe steht. So ergreifen die beiden ebenso kläglichen wie unerschrockenen, ebenso naiven wie beherzten Helden von nun an immer wieder die nächste beste Gelegenheit. Erst vom Druck der Ereignisse lassen sie sich zum Handeln bewegen, das heißt, dass auch das Kidnapping eine Angelegenheit ist, die sie schrittweise by doing lernen, mit ein bisschen Hilfe des Opfers.

Mit seinen Helden hangelt sich auch der nach "Ballermann 6" und "Tach, Herr Dokter" bereits dritte Film des Kameramanns Gernot Roll ganz spontan an den abstrusesten Wendungen entlang zum Ziel. Immer tiefer lässt er sich in den Sog der unglaublichsten Ereignisse ziehen, in deren Verlauf allerlei schrilles Personal zum Zuge kommt, von Huren und Zuhältern über deutsche Industrielle und russische Killer bis zu einem kaltschnäuzigen Bruder, dem die Entführung ganz gelegen kommt, der also gar nicht daran denkt, zu zahlen. Selbst Entführungsprofis hätten bei dieser Sachlage ihre Schwierigkeiten, doch Gosbert und Abo kämpfen sich zäh durch die Luft und über die Erde, durch Feuer und Wasser. Dabei sorgt Armin Rhode allem wuchernden Irrsinn zum Trotz für die Bodenhaftung: Von "Kleine Hai" über den "Bewegten Mann", zu "Rossini", "Lola rennt" bis zu "St .Pauli Nacht" hat er sich von kleinen über mittlere bis zu großen Rollen systematisch in die Herzen der Zuschauer gespielt. Mit stoischem Gemüt, viel Herz und einem Augenzwinkern arbeitet er sich jetzt wieder durch Berge des größten Schlamassels durch und gibt auf diese Weise gleich die Gebrauchsanleitung für den Zuschauer im Kino: Wenn man es schafft, sich Abos Gemütslage anzueignen, hat man die besten Chancen, das Räuber- und Gendarmen-Abenteuer dieser beiden großen Jungs gut zu überstehen.

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