Die Geier-Wally

Deutschland 1921 Spielfilm

Die Geier-Wally


B.Z. am Mittag, zit. nach Lichtbild-Bühne, Nr. 38, 17.9.1921


Erster Eindruck (und letzter): Die selig entschlafene Wilhelmine von Hillern ist durch den Film nicht wieder lebendig zu machen. Ihr Schatten geistert schauerlich über die Leinwand des Ufa-Palastes am Zoo, und ihrer "Geier-Wally" entströmt, auch in der Bearbeitung von E. A. Dupont, der Moderduft vergilbter Leihbibliotheksschmöker. Die Liebesangelegenheiten dieser bäuerlichen Heldenjungfrau mit dem sehnsüchtig schlagenden Herzen lassen ebenso kühl wie ihre hals- und beinbrecherischen Klettertouren – selbst bei imponierender Fackelbeleuchtung. Und auch der Kienspan, den die gehetzte Bauerntochter in das Gutsgebäude schleudert, ist nicht imstande, die Herzen der Zuschauer zu entzünden. Drei Akte lang gähnt Langeweile, macht Ereignislosigkeit unbeholfen sich breit. Dann wirds lebendiger, wenn auch kaum interessanter. Alles kreist um Eifersucht und verschmähte Liebe. Es wird gerauft und gerungen. In geschwollenen Zwischentiteln werden schaurige Racheschwüre geleistet. Es gibt Stierkampf und Knochenbrüche. Wilder Kientopp, aber keine echte Leidenschaft.

Auch Henny Porten fehlen die eigentlichen Impulse für die Rolle der Geier-Wally. Es entsteht (wofür sie nicht allein verantwortlich zu machen ist) keine einheitliche Figur, sondern ein Mosaik von Einzelzügen, oft erstaunlich gut, namentlich wenn es Defreggerszenen zu beleben gilt. Ihr Wesen neigt zur Güte und Milde. Es sträubt sich gegen Härte und Herrischkeit dieser Gestalt. Deshalb wirkte es z. B. ungewollt heiter, wenn sie den Bären-Josef Dieterle zum Ringkampf herausfordert und fünf oder sechs Gänge mit ihm wagt. Um so besser bringt sie Traurigkeit zum Ausdruck, weibliche Unterlegenheit unter ihr Schicksal und leise Schelmerei. So am Schluß des vierten Aktes, da sie den Heiratsantrag der beiden Roferbauern (zwei prächtige Gestalten von Wilhelm Diegelmann und Gerd Fricke) spitzbübisch zurückweist.

In dieser Szene (ebenso am Anfang des fünften Aktes, wenn Diegelmann die auf der Wäscheleine hängenden Unterhosen vor der Geier-Wally Blicken schämig zu verbergen sucht) beweist auch der Regisseur Dupont seine Begabung für humorvolle Intermezzi. Sehr lustig ferner (wenngleich zu sehr in die Länge geraten) der Anmarsch der Dorfmusikanten zum Tanzfest im Gasthaus. Auch die Bilder auf dem Platz vor der Kirche bei der Firmung sind lebendig gesehen. Dazwischen jedoch liegt weites Ödland, das er mit Einfällen nicht gerade gedüngt hat. Paul Leni ist mit der Natur der oberbayerischen Gebirgswelt (wundervolle Schneeaufnahmen, klar und plastisch) in einen erfolgreichen Wettbewerb eingetreten und hat ein paar Innenräume von eindrucksvoller Einfachheit geschaffen.

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