Daniel, der Zauberer

Deutschland 2003/2004 Spielfilm

Daniel, der Zauberer


Josef Lederle, film-dienst, Nr. 17, 19.08.2004

Man könnte es eine steile Karriere nennen, die aus einem verträumten Erzieher aus Eggenfelden binnen weniger Monate die schillernde Medienfigur "Daniel Küblböck" geformt hat. Kein anderer Teilnehmer aus Dieter Bohlens Casting-Show "Deutschland sucht den Superstar" vermochte sich im öffentlichen Bewusstsein so nachhaltig festzusetzen wie Küblböck, auch wenn die Reaktionen auf ihn extrem unterschiedlich sind, wozu seine androgyne Erscheinung und die (angebliche) Bisexualität sicherlich ihren Teil beitragen. Allein schon sein Name provoziert heftigste emotionale Reaktionen, die zwischen wütender Ablehnung und glühender Verehrung schwanken. Ob allerdings der Titel von Ulli Lommels Posse "Daniel Küblböck. Von Millionen geliebt. Von Vielen gehasst" die ambivalenten Gefühle wirklich auf den Punkt bringen, mag man bezweifeln, doch kaum das Phänomen – zu dessen Erklärung Lommels Film leider nichts beiträgt. Sein semi-dokumentarisches Schaustück gefällt sich selbst als kongenial dilettantisches Entertainment, das synästhetisch den Schulterschluss mit seinem jungen Protagonisten sucht. Deshalb spinnt der einstige Fassbinder-Protegé einen skurrilen Attentats-Plot um ein Küblböck-Konzert in Passau, in dem ein hasserfülltes Pärchen den "Superstar" erschießen will, von diesem allerdings bekehrt und auf den rechten Weg zurückgeführt wird. Auch die Hauptfigur beschäftigt sich intensiv mit dem Dilemma, nicht nur verehrt, sondern auch angefeindet zu werden. Und damit niemand auf falsche Gedanken kommt, gibt es außerdem noch eine Art poetische Metaebene, auf der Daniels Opa, ein einarmiger Trompeter, und ein in teuflisches Rot gekleideter Bösewicht namens Baltazar um das Schicksal des Jungen ringen.

Das Ganze will als Märchen mit Bodenhaftung verstanden werden, das seinen Helden auf eine innere Reise schickt, bei der er gestärkt aus den Anfechtungen hervor gehen und seine Ängste überwinden soll. Der (Alb- Traum von Hollywood, ein verpatzter Auftritt vor einem Produzenten, zählt ebenso dazu wie die reale Bedrohung beim Konzert, bei dem Küblböck in der Pause gekidnappt wird, mit Rekurs auf "positive Energien" aber auch diese Situation zum Guten wenden kann. Das Augenzwinkern, mit dem solche Geschichten kokettieren, muss man sich hier allerdings immer dazu denken, weil der Film bei aller Unbedarftheit so bierernst daher kommt, wie sich Lommel als Daniels Großvater selbst ständig in Szene setzt: als dandyhafter Magier mit weißem Seidenschal und Zylinder, der am Ende den Zauberstab an seinen gereiften Enkel weitergibt. Für wen dies alles erzählt wird, bleibt schleierhaft, zumal die ästhetischen Mittel kaum einfallsreicher sind als die selbstgestrickte Bühnenshow von Küblböck. Der müht sich nach Kräften, rockt, tanzt, kreischt und röhrt, imitiert die Großen seiner Branche und wechselt die Kleider im Flug, ohne doch je mehr zu sein oder zu scheinen, als ein junger Mann aus der Provinz, der in der Pubertät steckengeblieben ist und noch keine eigene Identität ausgebildet hat. Vielleicht ist diese naive Unbestimmtheit das treffende Bild seiner Zeit, doch davon weiß Ulli Lommel nichts zu erzählen. Statt dessen multipliziert er jene Klischees, aus denen die öffentliche Figur "Daniel Küblböck" zusammengesetzt ist. Das bestärkt nicht nur die manipulativen Mechanismen der medialen Öffentlichkeit, sondern nährt am Ende auch den Verdacht, dass hier eine Handvoll alternder deutscher Filmleute auch ein Stück vom Küblböck-Kuchen abhaben wollen.

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