Irgendwo in Berlin

Deutschland (Ost) 1946 Spielfilm

Kulturarbeit nach einem Jahr

Film-Gespräch mit Gerhard Lamprecht

Sonntag, Berlin/Ost, 1.9.1946


Was ist inzwischen geleistet worden? Gerhard Lamprecht, dessen Film "Irgendwo in Berlin" (…) als erster in Kürze gezeigt werden wird, erzählt von seiner Arbeit:

"Zunächst mußten wir die richtige Stoffauswahl treffen. Das war das schwierigste. Denn man kann ein Volk, das durch so viele Jahre der Entbehrungen gehen mußte, das in seiner Mehrzahl enttäuscht und verbittert ist und das nach der Entlarvung seiner "Führer-Verführer" oft geneigt scheint, jetzt an nichts mehr zu glauben, nur behutsam zum richtigen Denken erziehen. Unzweifelhaft hat der Film eine erzieherische Aufgabe. Aber der beste Erzieher ist immer der, bei dem man die Absicht nicht merkt. Deshalb versuche ich, vom Menschlichen her den Zuschauer zu packen."

Lamprechts Film ist ein Kinderfilm. Es geht darin um eine Jungenfreundschaft, die an der Härte der Nachkriegszeit beinahe zerbricht, und um einen Heimkehrer, der den Weg zurück ins Leben noch nicht finden kann, bis ihm die Jungen die Richtung weisen. Also ein ernster, zeitnaher Stoff. "Wir dürfen nicht ausweichen", sagt Lamprecht, "sondern müssen die Probleme an der Wurzel packen. Nur so können wir versuchen, sie zu lösen."

Nach welchen Gesichtspunkten haben Sie Ihre Hauptdarsteller ausgesucht?

"In meinem Film waren zwei Hauptrollen durch Kinder zu besetzen. Der eine Junge ist ein sehr behütetes Kind, das mit beiden Beinen in seiner gesicherten Umwelt wurzelt. Ihm gegenüber steht die Figur des etwas verwahrlosten Jungen, dessen Eltern verschollen sind. Von der Voraussetzung ausgehend, daß das Milieu den Menschen formt, habe ich für die Besetzung dieser Rollen Jungen gewählt, deren wirkliche Umwelt der erdachten des Films ähnelt.

Anders ist es mit der Rolle des "Bösewichts" im Film. Es ist interessant, daß ich in ganz Berlin keinen wirklichen elfjährigen Bösewicht gefunden habe. Ich nahm deshalb einen etwas älteren Jungen, der schon imstande ist, die Rolle zu "spielen". Er macht seine Sache ganz hervorragend."

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