Der kleine Seitensprung

Deutschland 1931 Spielfilm

Der kleine Seitensprung


Dr. Kurt London, Der Film, Nr. 34, 22.8.1931


Dieser Film ist, ohne Übertreibung, eines der reizendsten Tonfilmlustspiele, das bisher über die Leinwand huschte, respektive durch den Lautsprecher drang. Ernst Lubitsch möge sein Haupt verhüllen: Schünzels Film überragt die letzten Schöpfungen des zum Amerikaner Gewordenen in verschiedener Hinsicht um ein Beträchtliches. (Man muß sich eben daran gewöhnen, einen Namen nicht zur Schutzmarke werden zu lassen.)

Ehekomödien erfreuten sich von jeher besonderer Beliebtheit; alles Brüchige der Ehen des Alltags – und das sind doch die meisten – wird in ihnen aufgelöst, die durch Gewohnheit gelähmte Phantasie neu beflügelt, und eine rosige Brille verschönt auch die heikelsten Situationen, die gerade noch an der Scheidung vorbeiführen. In diesem Sinne mag auch eine äußerlich harmlose Ehekomödie als nachdenklicher Filmstoff angesehen werden.

Zumal, wenn sie so graziös, so liebenswürdig und so lebensnatürlich vor unseren Augen und Ohren entwickelt wird wie dieser kleine Seitensprung, der eigentlich gar keiner ist. Schünzel ist der Erfinder der Idee des Filmes; er schrieb auch, zusammen mit Emmerich Pressburger, das Drehbuch, das schildert, wie eine glückliche Ehe durch allerlei Einflüsse und Zufälle (wie sie im Leben tausendmal vorkommen, – es wäre ungerecht, dem Film vorzuwerfen, er beute sie für seine Fabel aus) beinahe zerschellt, ohne daß im Grunde irgendein Anlaß dafür vorläge.

Ein derartiges Manuskript verlangte nach einer graziösen und leichten Gestaltung. Komödien, feine Lustspiele mit gefährlichem Untergrund, bestehen aus einer Fülle von Einzelzügen psychologischer Natur, die nur die einfühlende Hand eines wirklichen Künstlers überzeugend festzuhalten vermag. Wir haben Reinhold Schünzel immer für einen sehr geschickten Filmmann und einen großen Könner gehalten, – daß es ihm aber euch gelingen würde, geradezu zum Bildpsychologen zu werden, daß er das Allzumenschliche, in Beachtung tonfilmischer Gesetze, so überraschend lebendig, so fein im Humor auf den Tonbildstreifen bannen konnte, das hatten wir denn doch nicht erwartet. Es stellte sich heraus, daß Schünzel ein nachdenklicher Mensch ist, ein Philosoph vielleicht, der das Leben recht genau betrachtet und sich sein Lied darauf macht. Dieser Film, nicht nur geschmackvoll und fröhlich, zeigt auch ein gerüttelt Maß von Klugheit. Und wie selten findet sich das bei der Filmproduktion unserer Tage! (...)

Rechtsstatus