Berge in Flammen

Deutschland 1931 Spielfilm

Berge in Flammen


F. Dammann, Lichtbild-Bühne, Nr. 233, 29.9.1931


Krieg, das noch immer filmisch nicht erschöpfte, ausgeschöpfte Thema. Diesmal ist es der Krieg in den Bergen, eine Phase aus dem österreichisch-italienischen Ringen in den Dolomiten, ein Abschnitt aus dem vielleicht schlechthin mörderischsten Kampfgebiet des Weltkrieges. Nach den zweifelsohne eindrucksvollen ersten Kriegsfilmen, die mehr oder minder aus Original-Material, im Kriege gemachten Aufnahmen, bestanden, kamen "Westfront 1918" und "Im Westen nichts Neues", gestellte, arrangierte Bildstreifen, die ein Erlebnis des Weltkrieges bedeuteten, dessen Dichte und Kraft zu steigern schwer möglich sein dürfte. Schwerwiegenderes läßt sich nicht sagen, als daß dieser Dolomiten-Film die ungeheure Realität der Milestoneschen und Pabstschen Schöpfungen erreicht, daß die Ungeheuerlichkeit dieses teuflischsten aller Kriege durch filmische Rekonstruktion erneut einen Alpdruck auslöst, der beschwörender, bannender als jede Plakatierung pazifistischer Tendenzen wirken muß. (...)

Man darf zugeben, daß man eine ähnlich außergewöhnliche Leistung kaum erwartet hatte. Trenker (er zeichnet auch für das Buch) verläßt mit diesem Film die Linie seiner bisherigen Bergfilme, in denen neben einem (oft hinreißend gestalteten) naiven Heroismus allzu billige Lyrismen eine große Rolle spielten. Bereits vom Buch her der Versuch, Menschen und Dinge objektiv zu gestalten, jeder Verniedlichung, Banalisierung, modischen "Vertiefung ins Menschliche" oder Idealisierung aus dem Wege zu gehen. Einfach der Stoff, einfach und schlicht die Durchführung der Spielhandlung. Im Vordergrund steht in jedem Augenblick der Krieg, die Allgemeinschicksale der Soldaten (nicht Trenker, trotzdem ihm einige ganz phantastische "Einlagen" vorbehalten sind). Nicht ganz überzeugend vielleicht der Dreh- und Angelpunkt der Sache, die Motivierung der Notwendigkeit des Durchhaltens auf verlorenem Posten, auf dem Pulverfaß, das in jeder Sekunde auffliegen kann. Eine nicht allzu wesentliche Frage. Es waren Voraussetzungen und Gegebenheiten für eine dramatisch besonders wirkungsvolle Pointe zu schaffen, Situationen, die den Krieg in den Bergen demonstrieren ließen. Außerordentliche Möglichkeiten zu all dem bietet die Fabel, also: eine gute Fabel. Erfreulich die Sparsamkeit des Dialoges. Erfreulicher die anständige Haltung, die wundervolle Sachlichkeit, die aus jeder Szene, jeder Passage des Films sprechen.


Tiefste, vielleicht unvergeßliche Eindrücke: der Posten in eisiger Nacht, den die Ablösung erfroren vorfindet, die Ski-Patrouille unter dem Spritz-Feuer der feindlichen Maschinengewehre, Angriffs-Momente, der Lawinentod eines Trupps Kaiserjäger.

Beklemmend, toll in seiner phantastischen Realistik die im sachlichsten Reportage-Stil gehaltenen Bilder von der anderen Seite: die Italiener, die sich unter die Stellung der Österreicher, bohren, mit allen Mitteln modernster Technik.

Regie führten Trenker und Karl Hartl. Jeder Einzelzug, jedes Meter verrät die Hand, die Wesentliches herauszuarbeiten weiß. Jeder Moment voller Spannung, Kraft, von einer Wirklichkeit, die man zu greifen meint. Schlechthin vorbildlich alles, was die "Stimmung der Mannschaft" anbelangt. Weder pathetisches Heldentum noch grelle Auflehnung gegen den Krieg. Spaß macht der Dreck nicht, doch man tut seine Pflicht. (...)

Gewiß: eine harte Probe der Nerven eines Volkes, eines Publikums, das im Kino nach Entspannung lechzt. Gewiß: Krieg ist in diesem Winter der Gärung bei denen, die sich ins Filmtheater flüchten, nicht eben ... Mode. Dieser Strömung sich entgegenzustellen, war mutig von den Fabrikanten, gewagt von den Verleihern. Aber: hier ist ein Film, um den man – die ernsthaft am Film Interessierten und das große und größte Publikum – nicht herum kommt.

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