GG 19

Deutschland 2005-2007 Episodenfilm

GG 19

Es gäbe Grund genug, das Grundgesetz zu feiern und seine Herkunft und Bedeutung für eine Generation herauszustreichen, die seine Existenz als Selbstverständlichkeit erlebt. Dabei sind Glaubensfreiheit, Versammlungsfreiheit oder verbrieftes Recht auf Bildung in der historischen wie globalen Perspektive alles andere als selbstverständlich. Dafür ein Bewusstsein zu schaffen und zugleich anzudeuten, wie vertrackt ihre tägliche Durchsetzung auch in einer funktionierenden Demokratie sein kann, wäre, um ein altmodisches Wort zu benutzen, Staatsbürgerkunde in ihrer vornehmsten Form. Stattdessen bietet "GG 19" Belangloses, Abwegiges, Dummes.

Belanglos ist die alte Dame, die dem Reichstag ganz allein ein Transparent entgegenstreckt; dabei wird sie von einem jungen Wärter scheinbar misstrauisch beäugt, bis sich dieser nach Dienstschluss an ihre Seite stellt (Artikel 8 "Versammlungsfreiheit"). Abwegig ist die Vision einer nahezu unfruchtbaren Gesellschaft, in der eine stasihafte Abteilungsleiterin das Sperma eines Neugeborenen zum allgemeinen Gut erklärt und sich ein Dutzend Jahre später den gerade geschlechtsreif gewordenen Knaben selbst unter den Nagel reißt (Artikel 15 "Vergesellschaftung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln"). Dumm ist die Geschichte eines nichtsnutzigen Millionärssohns, der sein Erbe mit Wein, Weib und Gesang verprasst und zu allem Überfluss auch noch seinen Vater auf dem Gewissen hat. (Artikel 14 "Eigentum, Erbrecht, Enteignung").

Mit wem will man nach dieser parodistischen Antithese noch ernsthaft über die ins Grundgesetz eingegangene Glaubensformel "Eigentum verpflichtet" diskutieren? Natürlich könnte man den Mantel des Schweigens über "GG 19" breiten, wie über so viele Filme, die man selbst im schulischen Unterricht ohne größeren Schaden über sich ergehen lassen musste. Vielleicht ist es ja auch ein pädagogisches Naturgesetz, dass ästhetische Fragen zurückstehen müssen, wenn es darum geht, Diskussionen zu provozieren; vermutlich glauben die Verantwortlichen tatsächlich, dass die demokratische Form der öffentlichen Ausschreibung ihrem Gegenstand auf besondere Weise gerecht wird. Doch funktionieren demokratische Regeln in der Kunst nur sehr bedingt, weshalb die naheliegende Idee, sich zu fragen, wer in Deutschland ästhetisch interessante, inszenatorisch spannende und inhaltlich kluge Kurzfilme macht, die bessere gewesen wäre. Wirklich ärgerlich an "GG 19" ist daher, wie leichtfertig hier eine Chance verschenkt wurde, die wohl so schnell nicht wiederkommt.

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