Wenn der Richtige kommt

Deutschland Schweiz 2003 Spielfilm

Wenn der Richtige kommt

Experimentierfreudige deutsche Liebeskomödie um eine obsessiv verliebte Putzfrau



Birgit Roschy, epd Film, Nr. 8, 02.08.2004

Die Putzfrau Paula ist ein unscheinbares, fast unsichtbares Wesen, dessen Leben sich um Wischmob, Kanarienvogel und befreundete Arbeitskolleginnen dreht. Einer jedoch sieht sie: Der neue Wachmann Mustafa, der sie höflich fragt, ob er über den frisch gefeudelten Boden laufen darf. Damit entzündet er, ohne es zu wollen, in Paulas Herz die Sehnsucht. Ihren ungeschickten Annäherungsversuchen begegnet er, "sorry!", mit spürbarem Unbehagen, doch davon lässt sich die verliebte Paula nicht bremsen. Dass dieses eckige Aschenputtel seinem molligen Märchenprinzen sogar in die Türkei hinterherreisen wird, wussten die beiden Regisseure angeblich selbst nicht: Es gab weder ein Drehbuch noch einen vorgefertigten Handlungsstrang, behaupten die beiden Absolventen der Ludwigsburger Filmakademie, die bisher erfolgreich Kurzfilme gedreht haben. Ihr erster Langfilm, der auf dem Mannheim-Heidelberger Filmfestival als "Kurpfälzer Dogma-Film" gefeiert wurde, entstand nach eisernen Improvisationsregeln: Die Handlung entwickelte sich während der Dreharbeiten aus dem Augenblick heraus – keine Szene durfte wiederholt werden. Außer den drei Hauptdarstellern wurden alle weiteren Schauspieler auf der Straße gecastet und spielen sich teilweise selbst in ihrem echten Lebensumfeld, das meist am Rand der Gesellschaft liegt.

An der Geschichte fesseln zunächst, wie etwa bei "Vorsicht, Kamera"-TV-Sendungen, der "Live"-Aspekt und die authentische Verblüffung der Mitspieler, die aus dem Stegreif auf die unbefangene Paula, Prototyp der verfolgenden Unschuld, reagieren mussten. Emotionen aus erster Hand, auf kurpfälzisch und türkisch verbalisiert: Ein so spontaner badischer Zungenschlag, dessen leichter Singsang an den ehemaligen Kanzler erinnert, ist wohl noch nicht mal im Laientheater zu hören. Man erkennt zudem die "Planken", die Mannheimer Einkaufsstraße, wieder und Paulas Wirkungsstätte, das Collini-Center, in dem auch das Filmfestival stattfindet. Zwar ist die Szenenabfolge oft abgehackt und die Musik wird ziemlich dilettantisch als Stimmungsmacher eingesetzt. Doch die Authentizität der Alltagssprache und -orte verleiht diesem ins Blaue spazierenden Multikulti-Heimatfilm, der neben Mannheim beiläufig die türkische Millionenstadt Adana eingemeindet, eine Menge spröden Charme, der an Jim Jarmuschs "Stranger Than Paradise" erinnert.

Die Hauptfigur selbst, ein 30-jähriger weiblicher "Forrest Gump" mit einer vollkommen ironieresistenten Naivität, scheint zwar im Ansatz unglaubwürdig. Doch einen ähnlich verschrobenen, unbeirrt ehrlichen Charakter porträtierte zuletzt auch der Dokumentarfilm "Die Spielwütigen" mit Stefanie Stremler, einer Schauspielelevin, die es nach dem 28. Vorsprechen schaffte. Ähnlich wie Stremler besitzt die Stuttgarterin Isolde Fischer, seit langem im Improvisationstheater erfahren, eine eigene Komik, wie man sie sonst nur bei Männern findet; allein ihr unbewegtes Gesicht, das ein wenig an Stan Laurel erinnert, bringt zum Schmunzeln. Eher exzentrisch als treudoof und von einer kindlich-heiligen Einfalt, die amüsiert und zugleich berührt, geht Paula beharrlich bis ans bittere Ende ihrer Illusion. Und wenn sie unvermittelt aus einem Maisfeld hervorbricht und vor dem Kühe melkenden Mustafa steht, ist dies ein so abgründig lustiger Moment, wie man ihn einem deutschen Film eigentlich gar nicht zutraut.

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