Die Firma heiratet


Lichtbild-Bühne, Nr. 4, 24.1.1914


In der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag hatte die ”Union” einen Ehren”tag”, denn sie lud in stark vorgerückter Dämmerstunde, nachts um halb 12, ihre Leutchen ins U.T. in der Friedrichstraße und zeigte siegesgewiß die Geschichte eines Mannequins. Es war ein mitternächtlicher vergnügter Spuk, eine heitere Stunde, die uns um Jahre verjüngte, denn das ganze Parkett hat ununterbrochen gelächelt, gelacht, gewiehert und gebrüllt, solch eine Fülle von Witzraketen prasselten von der weißen Wand herab. Wir haben seit langem nicht so herzerfrischen nach all dem tiefernsten, literarischen Dramen-Unfug den Kinematograph in solch liebenwürdiger Pose genießen können. Diese Film-Idee in der ganzen Art, wie sie angepackt und ausgeführt wurde, ist ein Kunstwerk allerersten Ranges, wird seinen Siegeszug antreten und Sonnenschein verbreiten. Wir können da nur das banale Wort ”großartig” anwenden und die kritische Sonde ruhig beiseite lassen. "Die Firma heiratet" ist ein glücklich verfilmter Griff in die Konfektion, ein boshafter, satyrischer und frecher Schritt in die heiligen Räume des Machtbereichs der Mode, wo sich der Chef reich macht, wo der Reisende befiehlt, die Kundschaft gehorcht, die ”44er Figur” Figur macht und die Probiermamsell probiert wird. Um im Bilde zu bleiben, können wir nur sagen: das Bild ist totschick, der Schlager der Saison, Nouveauté 1914. – Nur am Film-Anfang liebt es die ”Union” allzu sehr durch Namenkultus zu langweilen. Eine ganze Leporello-Liste blitzt da vorüber: Walter Turszinsky, Jaques Burg, Carl Wilhelm, Resel Orla, Victor Arnold, Albert Paulig, Franz Schönemann, Ernst Lubitsch, Glaser & Götz und – Edmund Edel. Das dicht darauf folgende lebendige Lustspiel ließ aber bald den ”namentlichen” Filmanfang vergessen.

Als Zugabe-Artikel schenkte man noch der Kino-Kundschaft einen Tanz-Film, der bewies, daß man per Film nicht tanzen lernen kann. – Nachts um 2 Uhr ging man vergnügt direkt oder indirekt nach Hause und dachte noch lange an die vergnügte Laune des Films ”Die Firma heiratet”.

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