Thanners neuer Job

Deutschland 1991 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Starkregen. Ein junger Mann macht sich am Schloss eines Gittertores zu schaffen, wird gestellt, zusammengeschlagen und in einer aufgelassenen Ost-Berliner Fabrikhalle an einen Stuhl gebunden. Schnitt. Der Glatzkopf Karl „Kalle“ Fischer befreit seinen alten Kumpel aus der Dresdener Hooligan-Szene um den einstigen Stasi-Club Dynamo: Helmut Schröder, der seine schulterlangen Haare mit einem Stirnband zusammenhält, war von den jungen Neonazis mit dem Aufnäher „Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein“ am Ärmel nun wirklich nicht als Ihresgleichen zu erkennen gewesen.

Kalle nimmt Helmut mit in die Wohnung von Birgit Wagner, die hinterm Tresen einer Szene-Kneipe der Rechten steht: Seine Geliebte ist die „Ex“ von Helmut, der den Hardcore-Sex im Nebenzimmer nur schwer erträgt. Bald unterscheidet sich Helmut äußerlich nicht mehr von den anderen Schützlingen des „Sportlehrers“ Arnold, dem frisch gewendeten ehemaligen Ausbilder der paramilitärischen DDR-Organisation „Gesellschaft für Sport und Technik“.

Was sie nicht wissen: Hauptkommissar Peter Fuchs, gerade noch Hauptmann der Volkspolizei, und der vom VP-Leutnant zum Oberkommissar mutierte Thomas Grawe sind der Gruppe auf den Fersen, beobachten ihr Treiben aus einem Fabrikgebäude gegenüber. Und kommen über dessen Autokennzeichen dem Drahtzieher dieser Umtriebe auf die Spur, dem Druckereibesitzer Wilfried Ortner. Rätseln aber noch über ihren neuen Chef, der angeblich aus dem Westen stammen soll.

Derweil versorgt die herzliche Frau Krause (Bochums „Duse des Reviers“ Tana Schanzara) den vermeintlich in den wilden Osten strafversetzten Duisburger Hauptkommissar Christian Thanner mit Proviant für seine lange Autofahrt nach Berlin – und verspricht ihm, sich während seiner Abwesenheit um den Garten und die Blumen im Haus zu kümmern. Thanner soll eine „Koordinationsstelle“ leiten, die Kriminalisten der einstigen Volkspolizei vor ihrer Übernahme ins Beamtenverhältnis überprüft.

Nach elf Monaten steht er plötzlich in einem West-Berliner Reisebüro vor seiner Bekannten Adelheid: Sie ist zwar sogleich bereit, sich ihm als „Reiseführerin“ zur Verfügung zu stehen, kann die Jammer-Ossis aber nur schwer ertragen und begleitet Thanner daher nur widerwillig zu einem ebenfalls unangemeldeten Besuch bei seinem Kollegen Grawe und dessen Lebensgefährtin Dagmar (Regina Brandt). Am andern Morgen bei der ersten Dienstbesprechung ist die Stimmung nicht gerade euphorisch: „Ihr Misstrauen ist eine angemessene Reaktion“ konzediert Thanner, bevor Peter Fuchs die Richtung vorgibt: „Ohne eine gewisse Sachlichkeit wird’s nicht gehen. Wir sollten einfach weitermachen.“

Während Thanner damit beschäftigt ist, seine privaten Dinge zu ordnen, überfallen Kalle und Helmut eine Sparkassen-Filiale und nehmen, als die Fahrer eines Geldtransportes Lunte riechen und die Polizei alarmieren, den Filialleiter (Gerd Blahuschek), seine Mitarbeiter und Kunden als Geiseln. Bei einem Schusswechsel war Helmut zuvor am Arm verletzt worden. Schutzpolizei-Oberkommissar Hartwig (Wilfried Pucher) leitet die Maßnahmen vor Ort, derweil sich Peter Fuchs im Austausch als Geisel zur Verfügung stellt. Mit der Beute in Höhe von 200.000 Mark kommen die Täter samt Geisel bei Birgit unter, aber Helmut droht ohne ärztliche Versorgung zu verbluten. Kalles Vater Dr. Fischer ist Arzt – und versorgt die Flüchtenden unfreiwillig auch mit einem neuen Fahrzeug. Birgit ist nach so viel Gewalt bereits ausgestiegen, nun verhindert Helmut die Ermordung der Geisel in einem Waldstück auf der Flucht zum Flughafen Frankfurt/Main. Business as usual bei Christian Thanner. Peter Fuchs aber verlässt wortlos die Dienstbesprechung am anderen Morgen…

„Thanners neuer Job“ markiert keinen Neuanfang, sondern steht ganz im Zeichen der Abschiede. Etwa für Peter Borgelt als Hauptkommissar Fuchs: Für den seit „Der Fall Lisa Murnau” (1971) „Polizeiruf 110“-Ermittler der ersten Stunde war die 83. Folge seine letzte – sozusagen nach zwanzig Dienstjahren. Aber auch für Eberhard Feik bedeutete sein nach der Tandem-Produktion „Unter Brüdern“ im Wende-Jahr 1990 als Duisburger „Tatort“-Hauptkommissar an der Seite von Götz Georges Schimanski zweiter „Polizeiruf 110“-Auftritt einen Schlusspunkt.

Wie auch für den Deutschen Fernsehfunk: „Thanners neuer Job“ war der letzte „Polizeiruf 110“, der in der DFF-Länderkette ausgestrahlt wurde. Als mit dem Ende des Arbeiter- und Bauernstaates auch das Fernsehen der DDR aufgelöst wurde, firmierten die Adlershofer wie schon bis 1971 unter Deutscher Fernsehfunk, aber nur vom 12. März bis 15. Dezember 1990. Anschließend wurde das Projekt DFF-Länderkette als gemeinsames Drittes Programm aller fünf neuen Bundesländer aus der Taufe gehoben – aber bereits am 31. Dezember 1991 beerdigt. Denn der vom Bayerischen Rundfunk kommende und von Bundeskanzler Helmut Kohl eingesetzte Abwickler Rudolf Mühlfenzl unternahm nichts gegen die Auflösungserscheinungen: Der Norddeutsche Rundfunk wollte sich Mecklenburg-Vorpommern in sein Sendegebiet einverleiben und der Sender Freies Berlin für die ganze Stadt zuständig sein.

Pitt Herrmann

Credits

Kamera

Schnitt

Darsteller

Produzent

Alle Credits

Dreharbeiten

    • 06.07.1991 - 16.08.1991: Berlin und Umgebung
Länge:
83 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 22.12.1991, DFF

Titel

  • Originaltitel (DE) Thanners neuer Job
  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110

Fassungen

Original

Länge:
83 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 22.12.1991, DFF