Licht für Palermo

DDR 1960/1961 Kurz-Dokumentarfilm

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Heinz17herne
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Im Zuge der nach Walter Hallstein, Staatssekretär im Bonner Auswärtigen Amt, benannten Hallstein-Doktrin, nach der die Bundesrepublik zwischen 1955 und 1969 einen Alleinvertretungsanspruch Deutschlands postulierte, unterhielt die DDR bis 1971 keine diplomatischen Beziehungen mit Italien. Was dazu führte, dass Goethes Land, wo die Zitronen blühn, als Sehnsuchtsort der deutschen Kulturgeschichte im Defa-Spielfilm nicht vorkam. Obwohl das neorealistische Kino Italiens durchaus vertreten war in den Lichtspielhäusern der Bezirksfilmdirektionen. Alle Anläufe zu Koproduktionen aber versandeten.

Anders im Bereich des Dokumentarfilms. Das Buch „Umfrage in Palermo“ des italienischen Architekten, Soziologen, Pazifisten und Anti-Mafia-Aktivisten Danilo Dolci (1924 – 1997) war im Union-Verlag (Ost-) Berlin erschienen und seine sozialpolitischen Aktivitäten etwa im Fischerdorf Trappeto, wo er zahlreiche Einrichtungen wie Krankenhaus, Kindergarten und Schule gründete, auch in der DDR bekannt. So beginnt der Kurzfilm „Licht für Palermo“ des Defa-Studios für Wochenschau und Dokumentarfilme (PL Gerhard Abraham) zwar mit farbigen Ansichtskarten-Motiven „der schönsten Insel des Mittelmeeres“, die Kamera Peter Hellmichs steht dann aber im Danilo Dolci Studienzentrum in Partinico für ein in Schwarz-Weiß gedrehtes Interview mit dem bekennenden Katholiken.

Dolci spricht nicht über Bella Sicilia, sondern über Mafia-Morde, den Terror der Besitzenden und die große Armut der einfachen, besitzlosen Leute. Auf der einen Seite das Dolce Vita am Strand, Blumen, Palmen, Springbrunnen, Kathedralen und die Villen der Reichen, auf der anderen Seite lichtlose enge Gassen in den Arbeitervierteln, die kein Tourist zu Gesicht bekommt: „Hier ist der Himmel in Streifen geschnitten, die Sonne in Minuten eingeteilt“ lässt sich der Sprecher Gerry Wolff vernehmen.

Karl Gass und Peter Hellmich zeigen das harte Leben von Gelegenheitsarbeitern, Hausierern, Altwarenhändlern und Lumpensammlern und deren dunkle, nasse und baufällige Löcher, in denen sie hausen. 1961 herrscht in Sizilien Arbeitslosigkeit gepaart mit Analphabetismus von über 50 Prozent der Bevölkerung. Kinderarbeit ohne Schulausbildung sei die Regel, so der Sprecher, die Kommunistische Partei Italiens die einzige Hoffnung der Menschen.

Stephan Ahrens, Doktorand der Filmwissenschaften, bei einer Vorführung Mitte Dezember 2021 im Berliner Zeughauskino: „‘Licht für Palermo‘ ist ein exemplarisches Werk für den gebrochenen Umgang mit Italien nach dem Zweiten Weltkrieg. Karl Gass eröffnet mit einem touristischen Blick auf Sizilien. Gegen die farbenfrohen Bilder eines Urlaubsidylls dokumentiert er in hartem Schwarzweiß das Elend der armen Bevölkerung.“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
401 m, 15 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfa Wolfen, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 14.04.1961

Titel

  • Originaltitel (DD) Licht für Palermo

Fassungen

Original

Länge:
401 m, 15 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Agfa Wolfen, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 14.04.1961