Ich liebe das Leben trotzdem

Deutschland 2011-2015 Dokumentarfilm

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

Heinz17herne
Heinz17herne
Im September 2011 erhält der Drehbuchautor und Regisseur Wolf Gremm die niederschmetternde Diagnose Prostatakrebs. Metastasen im ganzen Körper bedeuten nach Einschätzung der Ärzte eine Lebenserwartung von höchstens einem Jahr. Der Gedanke an den Tod, gesteht Wolf Gremm seiner Mini-Kamera, sei für ihn kein Schreckgespenst, führe aber immer wieder zu Ausbrüchen von Verzweiflung. Er will den Kampf aufnehmen und zugleich offensiv mit der Krankheit umgehen. So entsteht die Idee der teilweise auch nur mit dem Smartphone aufgenommenen „filmischen Autobiographie“.

Sie setzt im Januar 2014 ein mit Bildern von den Dreharbeiten zu seinem letzten Film „Das Mädchen aus dem Regenwald“ und einem subjektiven Blick aus dem Klinikbett des Mount Sinai Hospitals in Miami. In Making-of-Szenen lässt er einen Teil seines 48 Filme umfassenden Werks seit 1972 Revue passieren, um auf der Hochzeit 1977 mit der Produzentin Regina Ziegler, die ihre Tochter Tanja mit in die Ehe bringt, zu verweilen: Für ihn vielleicht der entscheidende Moment seines Lebens.

Wolf Gremm dokumentiert auch in sehr intimen Szenen, was der Krebs mit und aus ihm macht. Wobei auch Freunde zur Kamera greifen wie sein Fahrer und Fotograf Jacob Manthey oder der US-amerikanische Schauspieler Scott Wilson. Im China Club des Berliner Adlon hat ihm seine Gattin eine große Feier zum 70. Geburtstag ausgerichtet und mit dem Erwerb des Kinos „Filmkunst 66“ an der Bleibtreustraße einen langgehegten Traum erfüllt (wo „Fabian“ gezeigt wurde am 26. Februar 2022, dem Tag seines nicht erlebten 80. Geburtstages).

Immer wieder neue Klinikaufenthalte mit kräftezehrenden Chemotherapien, einer Hüftoperation und zahlloser Einzelbehandlungen im wahren Wortsinn von Kopf bis Fuß, unterbrochen von Mallorca-Aufenthalten zur Regeneration des Immunsystems. Wolf Gremm hält selbst die letzten Sekunden vor einer Operation im Bild fest, die Fahrt im Krankenwagen oder im Flugzeug von Miami nach Berlin, wo er sich in der Emil von Behring-Klinik einer neuartigen radioaktiven Therapie zur Inaktivierung der Metastasen unterzieht.

Da schreiben wir bereits August 2014: aus dem prognostizierten letzten Lebensjahr sind drei geworden. Was auch deshalb nicht zu erwarten war, da er während eines Urlaubs in Miami einen Zusammenbruch erlitt und ins Koma fiel – gefilmt von Regina Ziegler. „Lieber ein Beutel am Bauch als einen Zettel am Zeh“: Wolf Gremm erzählt ihm zugetragene Witze und lässt andere Krebspatienten zu Wort kommen, darunter den Schauspieler Uwe Kockisch. Der Film ist nicht nur eine Selbstvergewisserung, eine Lebensbilanz, ein Rückblick auf eigene Sternstunden und die seiner Gattin („Boulevard der Stars“ am Potsdamer Platz). Sondern ein Mutmacher für alle Betroffenen, sich nicht aufzugeben und das Leben zu feiern: „Seit ich todkrank bin, lebe ich umso mehr nach der Devise, keinen Tag ohne Freude, ohne Hoffnung, ohne Lachen zu verbringen.“

Die Kamera begleitet den „Informations-Junkie“ Wolf Gremm, der in Berlin eine ganze Bibliothek mit Krebs-Sachbüchern sein eigen nennt, zum Grab seines großen Vorbildes F. W. Murnau in Stahnsdorf wie in seine Lieblingsstadt San Francisco, in die sein früh verstorbener Bruder einst auswanderte. Ins Hospital in Miami beim Besuch eines tibetanischen Mönchs und ins Death Valley. Die für Herbst 2015 geplante Uraufführung seines 76-minütigen „Selfie-Films“ hat Wolf Gremm nicht mehr erlebt. Er ist am 14. Juli 2015 zuhause friedlich eingeschlafen, die Seebestattung fand am 4. September 2015 auf Mallorca statt. „Ich liebe das Leben trotzdem“, produziert von Ziegler Film, ist am 15. Juli 2015 auf rbb (Radio Berlin-Brandenburg) erstausgestrahlt worden.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
76 min
Format:
16:9
Bild/Ton:
Farbe, Stereo
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 15.07.2015, rbb

Titel

  • Originaltitel (DE) Ich liebe das Leben trotzdem

Fassungen

Original

Länge:
76 min
Format:
16:9
Bild/Ton:
Farbe, Stereo
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 15.07.2015, rbb