Geschundenes Moor

DDR 1990 Kurz-Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Bodennebel liegt über der Moorlandschaft. Nur Vogellaute sind zu hören. Eine von den Menschen zu allen Zeiten gefürchtete und vielfach sagenumwobene Feuchtgebiete, denen man immer wieder entsprechende Namen verpasste: Teufelsmoore, so die Stimme Siegfried Bergmans aus dem Off, gibt es von Sibirien bis Schottland.

Den Mooren in der DDR ist es seit Mitte der 1960er Jahre an den Kragen gegangen. Sie wurden trockengelegt, um neue Flächen für die Landwirtschaft zu erschließen. Das führte zu Beginn der 1970er Jahre soweit, dass jeder Kreis über eine Meliorationsgenossenschaft und jeder Bezirk über ein Meliorationskombinat verfügte.

Am Beispiel der Großen Friedländer Wiese, einem einst gut einhundert Quadratkilometer großen Moorgebiet im Peenetal südlich von Anklam, zeigt Siegfried Bergmann die katastrophalen Folgen einer Entwicklung, die bereits im 19. Jahrhundert begann, in den 1930er Jahren vom Reichsarbeitsdienst intensiviert und zu DDR-Zeiten im Rahmen der Neulandbewegung abgeschlossen wurde. Zwischen 1958 und 1962 waren mehr als 6.000 Jugendliche an der Trockenlegung beteiligt, nur der sieben Quadratkilometer große Galenbecker See, da in einem Naturschutzgebiet gelegen, bleib verschont.

1962 hat Joachim Wohlgemut die großflächige Melioration in seinem Roman „Egon und das achte Weltwunder“ am Rande aufgegriffen, den Christian Steinke zwei Jahre später für das DDR-Fernsehen verfilmte (Kamera: Roland Gräf). Nun, konzipiert noch in der DDR, aber produziert bereits von einer nicht mehr volkseigenen Defa in kapitalwirtschaftlicher GmbH-Struktur für das wieder Deutscher Fernsehfunk genannte ehemalige DDR-Fernsehen, lässt Siegfried Bergmann das Ergebnis der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung durch seine Hände rieseln wie Wüstensand: die Vermullung des Moorgebietes hat nicht nur seltene Tierarten wie Beutelmeise, Kranich, Moorfrosch und Ringelnatter vertrieben, sondern auch Orchideen, welche auf Feuchtwiesen angewiesen sind.

Dass Moore wichtige Wasserspeicher sind, dass Torf zu über 90 Prozent aus Wasser besteht, war zur Wendezeit ebenso wenig ein Geheimnis wie die Gefahren der Überdüngung mit Gülle: Gewässer verfaulen am Grund, das Trinkwasser wird mit Nitraten verseucht. Siegfried Bergmann beantwortet seine Frage: Ist das Machbare auch verantwortbar? in Bezug auf die Große Friedländer Wiese mit einem klaren Nein. Es bedarf mehrerer Generationen, um die Schäden der Melioration zu beseitigen und die Mecklenburgische Moorlandschaft zu renaturieren.

Gerhard Knopfe („Kalendarium einer deutschen Spezies“) in: „Schwarzweiß und Farbe, Defa-Dokumentarfilme 1946-92“, Berlin 2000: „Es ist ein stiller Aufschrei des Regisseurs über den gewissenlosen Umgang des Menschen mit der Natur. Dabei werden Moore von Bergmann nicht als ‚Abenteuerlandschaften‘ glorifiziert, vielmehr wird ihre Bedeutung als Wasserspeicher der Natur ins Bewusstsein gerufen.“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
18 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 11.02.1992, ORB

Titel

  • Originaltitel (DE) Geschundenes Moor

Fassungen

Original

Länge:
18 min
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 11.02.1992, ORB

Verleihfassung

Länge:
18 min
Format:
SD
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Aufführung (DE): 21.10.2022, Berlin, Zeughauskino