Die Gäste der Mathilde Lautenschläger

DDR 1981 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
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„Bienenstich hat dreißig Punkte“ warnt Katrin, doch ihr Gatte Dieter will keinen Besenstiel im Ehebett. Und überhaupt: Schönheit misst sich doch nicht auf der Waage. Da ist Katrin freilich anderer Meinung. Aber es muss auch nach außen hin stimmen: „Eine Frau über dreißig muss sich entscheiden: Kuh oder Zicke.“ Sie hat sich für Letzteres entschieden und sich einen echten Pelz zugelegt. Schon weil ihre Schwägerin auch einen besitzt, da will sie nicht zurückstehen. Dieter hat auch einiges ausgegeben in letzter Zeit – für Neuseeländer Riesen. Die er nun in seinem neuen Kaninchenstall, für den eine alte, nicht mehr benutzte Truhe geopfert wurde, verwöhnt.

Da passt es gerade gar nicht, dass die lange erwartete Anmeldung auf einen fabrikneuen Wartburg mit der Post eintrudelt. Woher nehmen und nicht stehlen? Da erscheint es wie Ironie des Schicksals, dass Sohn Marcel über einem Besinnungsaufsatz brütet zur Frage: „Reich willst du werden, warum bist du's nicht?“ Die Ringelnatz einst stellte, wie „Onkel“ Martin weiß. Zu dem später mehr. Marcel will übrigens keineswegs auf die Erweiterte Oberschule (EOS), sondern lieber ins Handwerk, sein Wunschberuf ist Autoschlosser. Was seinen ehrgeizigen Eltern die Haare zu Berge stehen lässt.

Tante Mathilde, die im gleichen Haus wohnt, feiert demnächst ihren 60. Geburtstag. Anpumpen hat wohl keinen Zweck, so dicke hat sie's sicherlich auch nicht. Und eine Hypothek auf das Haus kann auch nicht aufgenommen werden: es gehört Mathilde. Aber der Rest der buckligen Verwandtschaft scheint finanziell geradewegs auf Rosen gebettet zu sein.

Weshalb ihre Nichte Katrin und Dieter beschließen, anlässlich ihres runden Jubiläums Mathilde eine große Feier auszurichten, zu der die ganze Familie eingeladen wird, auch diejenigen, mit denen man jahrelang kein Wort mehr gewechselt hat. Vielleicht könnte man den einen oder anderen um einen kleinen Kredit bitten, so eine Wartburg-Chance kommt schließlich so bald nicht wieder.

Das mit dem neuen Auto hat Mathildes sogleich eifersüchtiger Nachbar Anton von der schwatzhaften Postfrau erfahren – und fragt sich, ob das alles mit rechten Dingen zugeht: Pelzmantel samt Pelzmütze, teure Import-Karnickel und nun auch noch einen Wartburg! Er petzt der Tante sein Wissen, und die fällt aus allen Wolken – vor Stolz! Da haben es Katrin und Dieter offensichtlich zu etwas gebracht, ist doch herrlich. Und sie, verrät Mathilde, werde ihren Sechzigsten in Prag verbringen, weshalb sie ihre Nichte darum gebeten hat, ihre Ziegen zu füttern und sich um ihren Hund Karasek zu kümmern.

Bald lassen sich die Vorbereitungen zum Familienfest nicht mehr verheimlichen, und die überraschte Tante Mathilde ist ganz glücklich darüber – sie verschiebt sogleich die Prag-Reise. Besonders erfreut ist sie, dass auch Martin eingeladen worden ist, der Sohn ihres verstorbenen Gatten Otto aus dessen erster Ehe. Den heute erfolgreichen Schriftsteller hat sie seit Ottos Beerdigung nicht mehr gesehen.

Während Katrin und Dieter nicht ganz uneigennützig in der Küche schuften, empfängt eine aufgekratzte Mathilde ihre Gäste. Als erstes den Nachbarn Anton mit seiner schnäbbeligen Gattin Hulda, dann Dieters schicke Schwägerin Gisela, die, wie sich später herausstellt, einen Synthetikpelzmantel gekauft hat: „Kann sich eben nicht jeder einen echten leisten, so dicke wie Ihr haben wir's nicht.“ Katrin kann sich kaum halten vor Lachen.

Ihre Freude hält sich freilich in Grenzen, denn auch die anderen Träume von einer wohlhabenden Mischpoke platzen einer nach dem anderen. Martin will in die Mansarde unter Mathildes Dach einziehen, um in Ruhe sein nächstes Buch zu schreiben. Kommt das auf den Markt, ist er wieder flüssig, aber das kann mindestens ein halbes Jahr dauern – und dann ist der Wartburg längst futsch. Jedenfalls sind seine 250 Mark auf dem Sparbuch, die er sogleich anbietet, noch nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein. Martins Verhältnis zum Geld ist unkompliziert: entweder er hat 'was, dann gibt er's aus, oder er hat nichts. Gisela, die überraschend ohne ihren Manfred erschienen ist, fällt als Kreditgeberin ebenfalls aus: Sie will nicht länger mit den Miezen ihres Gatten konkurrieren und sich scheiden lassen.

„Wer am meisten darüber redet“, weiß Martin über Sex und Geld, „hat am wenigsten davon.“ Was wohl auch auf „Grabstein-Siggi“, den großprotzigen Steinmetz Siegfried, zutrifft, der im chromefunkelnden Schlitten vorfährt. Allerdings ohne Gattin Gerda, die angeblich 'mal wieder auf Kur weilt. In Wirklichkeit, weiß Gisela, liegt sie in einer Abtreibungsklinik. Sein Bruder, der Arzt Siegbert aus Berlin, schält sich dagegen samt Gattin Christa (Doris Abeßer) aus einem Trabi: Er ist gerade nicht flüssig, weil er sich ein Grundstück gekauft hat.

Bleibt noch Mathildes Bruder Gottlob (Dietrich Mechow), der seine neue Frau Gerti erstmals der Familie vorstellt: längst nicht so jung, wie immer behauptet wurde, dafür aber sehr patent und zugänglich. Am Ende ziehen Katrin und Dieter Bilanz und kommen zur Erkenntnis: ein Trabant Kombi ist doch auch ein schönes Auto, und dafür reicht die Kohle gerade noch...

„Das Bild ist schwarzweiß, aber der Ton ist rot“: Weil Mathildes Fernsehgerät den Geist aufgegeben hat, spendiert „Grabstein-Siggi“ ihr seinen alten, nachdem er sich einen neuen Farbfernseher zugelegt hat – zu Beginn der 1980er Jahre noch ein rarer Luxusgegenstand. Solche kleinen Spitzen „zwischen den Zeilen“ halten das Publikum bei dieser ansonsten harmlosen Adlershofer Komödie bei der Stange – und natürlich die Inge Meysel des Ostens, Agnes Kraus, die hier eine eher passive Rolle spielt als streitschlichtendes Familienoberhaupt an der Seite der Protagonisten Micaëla Kreißler und Heinz Behrens.

Pitt Herrmann

Credits

Drehbuch

Darsteller

Alle Credits

Regie-Assistenz

Drehbuch

Dramaturgie

Kostüme

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Dreharbeiten

    • Bautzen
Länge:
90 min
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 01.05.1981, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Die Gäste der Mathilde Lautenschläger

Fassungen

Original

Länge:
90 min
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 01.05.1981, DDR-TV