Alle Tiere sind schön da

DDR 1983 Kurz-Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Volker-Friedemann Seumel, Wortakrobat, Musiker und Leipziger Kabarettist, der mehrfach für die Defa als Musiker und Instrumentalist gearbeitet hat, führt den Umzug einer bunten Truppe in skurril anmutender Umgebung an – mit Panflötenspiel und Trommelschlag. Es geht einen Abhang herunter, Kinder schminken die Erwachsenen. Das fröhliche Spektakel erinnert an dadaistische Aktionen der 1920er Jahre: gedreht wurde im Winter, der Boden ist leicht mit Schnee bedeckt.

Ein Alphorn findet in einer Weltkriegs-Ruine einen mächtigen Resonanzkörper. Kinder haben Tierkopfmasken aufgesetzt und nutzen ein zugefrorenes Wasserbecken als Eisbahn. Als Kontrast kommt unter Flötenspiel eine Brueghelsche Idylle ins Bild: ein Bauernhof mit Hühnern, Gänsen, Enten, einem Pferd im Stall und dem wachsamen Hofhund. Die maskentragenden Kinder platzieren Figuren im hohen Gras und im Unterholz: Land-Art made in GDR.

Zwischen großgewachsenen Weiden findet ein Lampion-Umzug statt – am helllichten Tag! Er führt zu ausgebrannten Tram-Waggons, eine inszenierte Fahrt mit der Straßenbahn ist von entsprechenden Geräuschen unterlegt. „Alle Tiere sind schön da“ entpuppt sich als Hybrid mit fließendem Übergang von Dokumentation zur Inszenierung. Der Zug zieht final, von staunenden Passanten beobachtet, durch Leipzig.

Wesentlich beteiligt an diesem „poetischen Kostümhappening“, so Felix Mende, Kurator der Reihe „Umwege zum Nachbarn – Der Film der DDR in Oberhausen“ bei den 71. Int. Kurzfilmtagen 2025, war Wolfgang Krause, der später den frühen Spitznamen „Zwieback” an seinen Nachnamen geheftet hat. Er studierte von 1973 bis 1978 Grafik an der von Bernhard Heisig geführten Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst und betrieb mit dessen Sohn Johannes Heisig, der Malerei studierte, und dem Fotografiestudenten Klaus Elle ein besonders im Fasching aktives studentisches Theaterkollektiv mit wilden Performances, die etwa ikonische Gemälde des „Sozialistischen Realismus“ als lebende Bilder nachgestellten.

Der 15-minütige Kurz-Dokumentarfilm, gedreht unweit von Leipzig im Betonklotz einer ehemaligen, im Zweiten Weltkrieg zerstörten Schleusentreppe für eine Fernsehserie für Vorschulkinder, ist beim DDR-Festival „Der goldene Spatz“ in Jena uraufgeführt und danach aus dem Verkehr gezogen worden, sodass die Aufführung 1990 bei den Kurzfilmtagen Oberhausen im Rahmen des Programms verbotener Filme als Kinopremiere gelten kann.

Erst in der Wendezeit ist die große Qualität des Films öffentlich gewürdigt worden. So schrieb Hans-Jörg Rother in der (DDR-) Fachzeitschrift „Film und Fernsehen“ (Nr. 9/1990): „Nur Eingeweihte kannten Volker Koepps ‚Alle Tiere sind schön da‘, ein filmischer Lobpreis des Nonsens von und mit dem Leipziger Kraus-Zwieback, eine Verhöhnung des biederen Starrsinns und des gefrorenen Pathos, mit einer Essenz aus deutschem Tiefsinn.“ Und Ralf Schenk ergänzte in der „Berliner Zeitung“ (30. Dezember 2004): „Der seinerzeit verbotene Kinderfilm ‚Alle Tiere sind schön da‘ (1983), ein surrealistisches Unikat im Schaffen Koepps.“

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Titel

  • Originaltitel (DD) Alle Tiere sind schön da
  • Weiterer Titel (DD) Eisfasching

Fassungen

Original

Länge:
328 m, 15 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton