Laß mich nicht im Stich

DDR 1984/1985 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Junge Leute tanzen in einer Diskothek. Einer von ihnen wird als Heimkind gemobbt, geschlagen und schließlich hinausgeworfen. Der gerade 18 Jahre alt gewordene Michael „Micha“ Romenei hat sich die Worte des empathischen Heimleiters Teichert zu Herzen genommen und sich nichts gefallen lassen – auch nicht am Vorabend seiner Entlassung nach zwölfjährigem Heimaufenthalt. „Ich schäme mich nicht, dass ich aus dem Heim komme“ gibt Micha auf der Entlassfeier der volljährig gewordenen Jugendlichen noch einmal zu Protokoll, dieses Zuhause sei für ihn „mehr als Vater und Mutter“ gewesen.

Micha erinnert sich, wie er als Sechsjähriger mitbekam, wie sich seine verwahrlosten, betrunkenen Eltern in der zugemüllten Küche prügelten. Weshalb er auch zunächst mit ihnen nichts zu tun haben will, obwohl er nach so langer Zeit „Bammel vor draußen“ hat und am liebsten noch ein halbes Jahr verlängert hätte. „Einmal müssen alle flügge werden“ sagt Teichert und hat ihm zusammen mit Hanna, der Leiterin der Jugendfürsorge, nicht nur eine neue Bleibe verschafft und eingerichtet, sondern auch einen Arbeitsvertrag bei Meister Leschnitz.

Nach dem ersten Arbeitstag hockt er verloren in seiner neuen Bude. Die Sehnsucht nach familiärer Geborgenheit, die er bei seinem früheren Mitbewohner, dem Artistenkind Matthias und seinen Eltern (Marita Gerasch und Christian Henning), hautnah erlebt, führt ihn ans Werkstor des VEB Chemie, wo ihm der Pförtner seine Mutter zeigt, die nun Mertin heißt. Micha verfolgt sie bis an ihre Wohnungstür: Beim Abendessen mit ihrem neuen Mann Hans und seiner Tochter aus erster Ehe, Ilona, wird er nur mit Letzterer warm: „Wollte schon immer einen großen Bruder haben.“

Über eine Kleinanzeige, in der er einen Cassetten-Recorder offeriert, nimmt Micha Kontakt zu seinem Erzeuger Ernst Romenei auf, der nach der ersten Schreckminute sofort bereit ist, in die Vater-Rolle zu schlüpfen. Ja, er steigert sich geradezu in die neue Aufgabe hinein, überschüttet Micha mit teuren Geschenken von einer neuen Sofa-Garnitur bis hin zum Simson-Motorrad. Endlich kann Ernst nicht nur im Freundeskreis als Großkotz auftreten, dabei ist er nur ein hoch verschuldeter Kraftfahrer, der dringend 35.000 Mark auftreiben muss.

Bisher ist er nur als Kleinkrimineller unterwegs mit Diebstählen wie jüngst in einem RFT-Lager. Nachdem ein Liebespärchen ihr Depot in der Scheune des Bauern Klose entdeckt hat, sind ihm Oberleutnant Jürgen Hübner und Leutnant Schulz auf der Spur. Sie schicken den Kriminalassistentin Richter zu Romenei, der sich als Interessent für einen der gestohlenen Cassetten-Recorder ausgibt.

Doch nun plant Ernst mit seinem Kumpel Bernd Tritschler ein großes Ding, den Raub von Lohngeldern des VEB Chemie in Höhe von 324.000 Mark. Was er nicht weiß: dort arbeitet seine „Ex“ in der Buchhaltung. Sie wird von ihrer älteren Kollegin (Renate Bahn) darin bestärkt, ihre aus Scham resultierende Zurückhaltung aufzugeben und sich Micha zu nähern. Seine Mutter erzählt ihm von der Unsicherheit nach der Entziehungskur, weshalb sie ihn nicht aus dem Heim zu sich geholt hat, von der neuen Familie und ihrer Angst, Hans Mertin und seine Tochter würden Micha ablehnen. Inzwischen aber sieht auch dieser ein, dass Mutter und Sohn zusammengehören.

Als der „ganz gute Nebenjob“, mit dem Ernst Romenei die erheblichen Geldausgaben für seinen Sohn erklärt, geplatzt ist, versucht er, zuletzt mit den Mitteln der Erpressung, Micha als dritten Mann für den Raubüberfall zu gewinnen. Doch der hat sich mit der toughen, unvoreingenommenen Simone befreundet, der Tochter von Heidrun, einer Bekannten seines Vaters. Sie bestärkt Micha darin, die Hand vom Sprechfunkgerät zu lassen, mit dem er seinem Vater die Ankunft des Werksfahrzeugs mit den Lohngeldern melden soll. Doch erst als er seine Mutter in dem Fahrzeug erkennt, ist er bereit, den Raub zu verhindern und seinen Vater als Mittäter anzuzeigen.

„Man kann sich Gefühle nicht verordnen wie ein Rezept“ sagt Michas Mutter zu ihrer Kollegin. Im Mittelpunkt des 76-minütigen Krimis „Laß mich nicht im Stich“ aus der „Polizeiruf 110“-Reihe steht nicht der große Coup der beiden Kleinganoven, sondern das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern. Ein zwiespältiges Thema in einem Staat, der seine Bürger von der Wiege bis zur Bahre kontrolliert und nötigenfalls auch indoktriniert. Sich aber andererseits ganz realsozialistisch eingesteht, dass die Familie nach wie vor Keimzelle der Gesellschaft ist. Gedreht in Berlin, Leißnitz und Dahlwitz-Hoppegarten ist Regisseur Thomas Jacob in einer kleinen Episodenrolle als Revierförster zu sehen.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Drehbuch

Kamera

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Drehbuch

Dramaturgie

Kamera

Kamera-Assistenz

Bühne

Schnitt

Schnitt-Assistenz

Darsteller

Produktionsleitung

Dreharbeiten

    • 17.07.1984 - 15.09.1984: Berlin, Friedland, Leißnitz,
Aufführung:

Uraufführung (DD): 19.05.1985, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Laß mich nicht im Stich
  • Arbeitstitel (DD) Der Einstieg um Mitternacht

Fassungen

Original

Aufführung:

Uraufführung (DD): 19.05.1985, DDR-TV