Tango-Traum

DDR 1985 Kurz-Dokumentarfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
„Buenos Aires und Montevideo sind weit weg, sehr weit weg von dieser Frau, die an ihrer Schreibmaschine sitzt und sich fragt, wie sie aus all dem einen Film machen könnte. Seit Wochen liest sie alles, was sie über Tango bekommen kann, hört Schallplatten, sieht sich alte Filme an, Tausende Kilometer von den Städten am Rio de la Plata entfernt die sich seit hundert Jahren um die Vorherrschaft des Tangos streiten“ spricht Helke Misselwitz aus dem Off. Später wird Jan Spitzer. Tangotexte lesen.

Ausschnitte eines alten Films, der in Südamerika spielt, flimmern über die Leinwand. Von Uruguay und Argentinien ist die Rede als Hochburgen des Tangos. „Das ist etwas zwischen Mann und Frau“, nicht nur ein Tanz zu einer bestimmten Art von Musik – das ist pure Erotik. Jedenfalls war es das ‘mal, nicht zu vergleichen mit den europäischen Tanzwettbewerben heutiger Zeit. Und schon gar nicht mit der Schlager-Gefühlsduselei.

Eine Frau sitzt an einer alten Remington-Schreibmaschine, neben sich ein Glas Rotwein und zahlreiche alte Schwarzweiß-Fotos. „Tango – ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann“: Definitionen gibt es zahlreiche für dieses Phänomen, dem der stark essayistische Film „Tango Traum“ der Defa-Dokumentaristin Helke Misselwitz binnen knapp zwanzig Minuten näherkommen will. Es geht um die Geschichte des Tangos, die entscheidend von italienischen Einwanderern in Argentinien beeinflusst worden ist.

Und um die Veränderungen, die der Tango in Europa erfahren hat: Nachdem eine Militärjunta in Buenos Aires die Macht übernommen hatte, gingen viele Argentinier ins Exil nach Europa – mit dem Tango im Gepäck. Und dem bevorzugten Instrument Bandoneon, dem sie wehmütige Klänge entlockten. Es fallen Namen von Sängern wie Carlos Gardel, Musikern und Tänzern, mit denen der Zuschauer in der DDR nichts anfangen kann, auch wenn sie in Südamerika geradezu mit einem Mythos belegt sind.

Die Frau bringt nicht eine Zeile zustande auf dem alten Trumm von Schreibmaschine. Sie schwelgt in Kleidern, Schuhen, Klängen und Bildern, schafft es aber nicht wirklich, Beziehungen zur Tango-Kultur allein durch Medien aufzubauen. Schallplatten, Filme, Fotos und Texte sind kein Ersatz für das persönliche Erleben vor Ort. Eine vom in der Reisefreiheit bekanntlich stark eingeschränkten DDR-Publikum als nicht wirklich versteckte Botschaft wahrgenommen, die den Erbauern des Eisernen Vorhangs nicht gefallen konnte: einer fremden Kultur kann man nicht aus der Ferne näherkommen.

Der mit dokumentarischen Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus Argentinien der 1920er Jahre unterfütterte, von der Defa-Kinobox (PL Hans-Christian Johannsen und Marina Gand) produzierte Kurzfilm lief am 24. Januar 1986 als Beiprogramm in den DDR-Kinos an und wurde noch im gleichen Jahr bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen gezeigt.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
535 m, 18 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Aufführung (DE): April 1986, Oberhausen, IFF

Titel

  • Originaltitel (DD) Tango-Traum
  • Titelübersetzung Tango Dream
  • Weiterer Titel (DD) Nacht des Tangos

Fassungen

Original

Länge:
535 m, 18 min
Format:
35mm
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Aufführung (DE): April 1986, Oberhausen, IFF

Auszeichnungen

Internationales Kurzfilmfestival Krakow 1985
  • Beste Kamera