Fischzüge

DDR 1973 TV-Film

Kommentare

Sie haben diesen Film gesehen? Dann freuen wir uns auf Ihren Beitrag!

Heinz17herne
Heinz17herne
Abenteuer Hochseefischerei. Ein Schiff der DDR-Fischfangflotte befindet sich auf der Heimreise. Noch zwölf Tage bis Rostock. Die Arbeit ist getan, der Laderaum ist voll. Mit dem Fang von 300 Zentnern Fisch ist Kapitän Klaus Nipmerow zufrieden. Aber nicht mit den Rahmenbedingungen: Das Stichwort „Heimreise“ löst zwar auf und unter Deck Freudensprünge der skurrilsten Art aus, weil nach achtzig Tagen auf See Weihnachten diesmal auf Pfingsten fällt. Aber nicht jeder Seemann wird am Pier von seiner Familie oder einer Freundin freudestrahlend in die Arme genommen.

Was auch für den Kapitän zutrifft, dem die Frau weggelaufen ist. Weshalb ihm Miesepetrigkeit unterstellt wird, als er nicht sogleich Alkohol an Bord freigeben will. In Wirklichkeit befürchtet Nipmerow schlechtes Wetter, ist andererseits aber bei seinem Freund und Stellvertreter Horst Nienhusen großzügig. Was ihm sogleich einen nicht ganz ernst gemeinten Kommentar einbringt: „Öffentlich Kaffee und heimlich Cognac – der neue sozialistische Leiter.“ Wandlitz-Anwohner und die Pankower Bevölkerung, die täglich KaDeWe-Lieferwagen auf dem Weg zum Schloss Niederschönhausen oder an den Majakowski-Ring sieht, wissen, dass der Fisch immer vom Kopf her stinkt.

Obwohl Nipmerow ein guter Kapitän ist, von allen anerkannt, laufen ihm immer wieder Seeleute davon. Aktuell will gar ein Viertel der Besatzung, die derzeit auf seinem Schiff angeheuert hat, abmustern. Weil der Chef ihnen verraten hat, wohin die nächste Fangreise geht: „Hundert Tage auf Hering“. Zwischendurch soll ein Kühlschiff die Ladung übernehmen, weshalb die Tour auch noch länger dauern könnte. Das hält keine Beziehung aus! Einer, der nun schon zehn Jahre mit ihm gefahren ist, schüttet Klaus sein Herz aus: Seine Gattin hat ihm ein Ultimatum gestellt, aus der Fischerei auszuscheiden. Weil die große Tochter Probleme in der Schule hat, in welche die kleine nun gehen wird. Kraftverkehr wäre für den begabtesten Schrauber an Bord eine Alternative.

Eine Angelegenheit, über die der Kapitän der Rostocker Reederei eine Stellungnahme schuldig zu sein glaubt. „Dichtung und Wahrheit“: 15 Seiten umfasst sein Bericht für die Parteileitung der Reederei. Es müsse der „materielle Hebel“ angesetzt werden, um die aktuell 22 Abmusterungen zu verhindern. Die weder mit der Verpflegung an Bord zusammenhängen noch mit den zugesicherten Fangprämien. Der Kapitän bemüht sich herauszufinden, was geschehen muss, um nicht weitere Crewmitglieder zu verlieren: Höhere Heuer, längerer Urlaub, bessere Filme im Bordkino. Vor allem aber kürzere Arbeitsperioden auf See, ermöglicht durch eine schnellere Heimreise mit dem Flugzeug.

Horst hat den kürzesten Weg zu seiner kinderreichen Familie, denn der frischgebackene Opa wohnt in Rostock. Allerdings ist das Schlafzimmer nun für Tochter und Schwiegersohn reserviert, während er mit seiner Gattin (Ingeborg Krabbe) mit einem Durchgangszimmer vorlieb nehmen muss. Klaus dagegen kennt seine neue Wohnung in Berlin noch gar nicht. Aber erst zwängen sich fünf Seebären in ungewohnt feinen Zwirn: die Kulturabteilung der Reederei hat Opernkarten spendiert. Am anderen Morgen besteigt Klaus seinen Wartburg, um nach Berlin zu fahren. Eine Fahrt mit Hindernissen: Dem monatelang am Hafen abgestellten Fahrzeug fehlt ein Rad. Zum Glück nur eines, sodass es mit dem Reserverad in Richtung Hauptstadt geht. An der Seite einer hübschen blonden Anhalterin: Eine Studentin, die ebenfalls nach Berlin will – zur Ferienarbeit im Centrum-Warenhaus am Alex.

Im Mecklenburgischen stoppt ein rostiger Gewindebolzen die Weiterfahrt. Die Vulkanisierwerkstatt der LPG Wulkenzien sieht sich erst nach längeren Verhandlungen in der Lage, den kleinen Schaden zu beheben: Fräulein Monika Goldewin (Ewa Borowik) weiß, wie frau Mechaniker schmiert – mit einem gewinnenden Lächeln und einigen Scheinchen. Auch beim motorisierten Volkspolizisten, der 113 Kilometer vor Berlin eine abgelaufene Versicherungsmarke am Kfz-Kennzeichen moniert, weiß sich die angehende Lehrerin vorteilhaft in Szene zu setzen. Was der von Helga Piur synchronisierten Blondine freilich auch nicht weiter schwerfällt.

Auch Kapitän Nipmerow hat sich heftig in Monika verliebt, die er an der S-Bahn absetzt, um seine Neubauwohnung in Augenschein zu nehmen: Arbeiterschließfach in genormtem Plattenbau, aber mit Komfort. Überraschend stehen wenig später Horst und Renate vor der Tür: Letztere sucht eine Bleibe im Studentenheim, da ihre Berliner Freundin überraschend selbst in Urlaub gefahren ist. Und Ersterer überbringt die Forderung der Rostocker Reederei nach Überarbeitung des Berichts: Klaus müsse „mit thesenhaften Verallgemeinerungen zum Kern der Sache vorstoßen.“ Für das Bürokratendeutsch amtlicher Ausarbeitungen stellt er kurzerhand Monika als Sekretärin ein.

Die ihm nicht nur bei der Formulierung seiner Neuerer-Vorschläge hilfreich zur Seite steht. Ein Kapitän ist schließlich nicht nur auf See für seine Leute da. Nipmerows Bestmann Hannes Johansson kümmert sich wie ein Vater um seinen Neffen, schreibt ihm Briefe. Der letzte kam aus Grönland und der Kleine hatte die fatale Idee, auf dem Boden des Hauses mit einer Kerze im Atlas nachzuschlagen, wo dieser Ort denn wohl liegt. Dabei fing das Strohdach Feuer: Als Hannes von der Fangreise zu seiner Schwester zurückkehrt, ist das Haus abgebrannt. Nur sein Trabant ist ihm geblieben, den freilich ein Nachbar in seiner Scheune an die Kette gelegt hat – zur Schadensbegleichung.

Dass da die Fäuste fliegen, überrascht nicht wirklich. Da haben Klaus und Monika alle Hände voll zu tun, um Hannes beim Bürgermeister und Abschnittsbevollmächtigten 'rauszuhauen. Nach einigen Flaschen Nordhäuser Korn, die letzte wird in der „Linde“ geleert, ist alles im Lot. Auch zwischen Klaus und Monika, zumal Ersterer sich bestens versteht mit seinem künftigen Schwiegervater Professor Dr. Goldewin (Herbert Köfer), einem Hochschullehrer in Jena. Zum Berufsstart Monikas marschiert die halbe Bootsmannschaft an ihrer neuen Patenschule auf. Was auch deshalb möglich ist, weil Nipmerows Ideen auf fruchtbaren Boden gestoßen sind in Rostock und höherenorts. „Unsere Heimat das sind nicht nur die Städte und Dörfer...“ singen die Abc-Schützen... „Fischzüge“ ist in der einteiligen Fassung am 13. Juli 1975 erstmals im DDR-Fernsehen ausgestrahlt worden, als wesentlich längerer, 144-minütiger Zweiteiler am 31. Juli und 2. August 1984.

Pitt Herrmann

Credits

Alle Credits

Länge:
4246 m
Aufführung:

Uraufführung (DD): 13.07.1975, DDR-TV

Titel

  • Originaltitel (DD) Fischzüge

Fassungen

Original

Länge:
4246 m
Aufführung:

Uraufführung (DD): 13.07.1975, DDR-TV

Teilfassung

Länge:
2300 m
Länge:
1946 m