Weitere Namen
Reiner E. Moritz (Weiterer Name) Reiner Eberhard Moritz (Geburtsname) Dr. Reiner Moritz (Weiterer Name)
Regie, Drehbuch
Hannover

Biografie

Reiner Eberhard Moritz wurde 1938 in Hannover geboren, wo er auch Musikwissenschaft, Germanistik und Romanistik studierte. Bereits während dieser Zeit arbeitete er als Musikjournalist und Plattenkritiker, zunächst für die Hannoversche Presse, dann für Die Welt. 1961 zog er nach München, wo er einen Job bei Leo Kirchs Firma Beta Film bekam – eher durch Zufall, wie er 2016 in einem Interview mit der amerikanischen TV-Fachzeitschrift VideoAge International erzählte: "Ich war eigentlich auf der Suche nach einem Schreibjob, und am Ende wählte ich Kurzfilme für einen täglichen Sendeplatz aus, den der junge Kirch beim Hessischen Rundfunk ergattert hatte."

In den nächsten Jahren war Moritz bei Beta Film für Einkauf und Rechteverwertung zuständig. Über einen seiner ersten TV-Markets in Lyon 1963 erzählte er im Interview: "Ich verbrachte Stunden damit, auf einer Treppe in der Nähe einer improvisierten Telefonzelle zu sitzen und auf einen Anruf zu warten, der dann nach Stockholm durchgestellt wurde. Man hatte mir einen Zettel mit einer vierzeiligen Synopsis für Ingmar Bergmans neuen Film 'Das Schweigen' gegeben. Wie es für diesen Regisseur typisch war, wusste niemand viel über die Handlung, und es war jemandem aus seinem Stab zu verdanken, dass ich überhaupt etwas wusste. Als der Anruf endlich durchkam, kaufte ich die Trilogie 'Wie in einem Spiegel', 'Licht im Winter' und 'Das Schweigen' für eine Million Schwedische Kronen [nach heutiger Rechnung etwa 1,3 Millionen Euro], nur um in einen hitzigen Streit mit meinem Chef Leo Kirch zu geraten, der dachte, ich hätte 'Ach, diese Frauen' (in Farbe und ein Flop) gekauft, während ich nun drei Filme in Schwarzweiß hatte. Schließlich kam 'Das Schweigen' durch die Zensur, und Deutschland war eines der wenigen Länder, in denen er ungekürzt lief (...). Er wurde einer der damals erfolgreichsten Filme."

1970 promovierte Reiner Moritz über Untersuchungen zu deutschsprachigen Reisebeschreibungen des 14.-16. Jahrhunderts. Im gleichen Jahr hörte er bei Kirch auf und gründete die Produktionsfirma RM Creative. Mit ihr produzierte er zahlreiche Musikprogramme, oftmals Aufzeichnungen klassischer Konzerte, die er an Fernsehsender in aller Welt verkaufte. Für die Ballettaufzeichnung "Three By Balanchine With The New York City Ballet" wurde er 1976 für einen Emmy Award in der Kategorie Outstanding Classical Musical Programme nominiert.

1978 schied Moritz aus seiner Firma aus, um ebenfalls in München die RM Arts zu gründen, an der Leo Kirch eine Mehrheitsbeteiligung hielt. Sie produzierte eine Vielzahl an Bühnenaufzeichnungen sowie TV-Dokumentationen in den Bereichen Musik und Bildende Kunst. Moritz' bekannteste eigene Arbeit dürfte die Reihe "1000 Meisterwerke" sein, die er von 1981 bis 1994 für den WDR realisierte und bei der er auch Regie führte. In den jeweils zehnminütigen Episoden wurde stets ein Gemälde präsentiert und von Kunsthistorikern analysiert. Ursprünglich unter dem Titel "100 Meisterwerke" für 100 Folgen geplant, wurde das Format auf Grund des großen Erfolgs auf 1000 Folgen erweitert. Durchschnittlich erreichten die Sendungen bis zu fünf Millionen Zuschauer; auch international war sie sehr erfolgreich.

Nicht zuletzt durch "1000 Meisterwerke", aber auch durch vielfältige Dokumentationen über Künstler wie Otto Dix (1989) und Werner Tübke (1991) avancierte Moritz zu einem der international renommiertesten Produzenten und Rechtehändler in der Programmsparte Kunst und klassische Musik. 1982 war er zudem Herausgeber von Knaurs Musiklexikon. Der französische Kulturminister verlieh ihm 1989 den Orden Chevalier des Arts et Lettres; beim kanadischen Banff World Media Festival 1992 wurde er in der Sektion Global Television mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet.

Als Folge der Kirch-Pleite 2002 ging RM Arts in den Besitz das Labels Arthaus Musik über (und wurde 2009 in Monarda Arts umbenannt). Moritz blieb dem Unternehmen zwar geschäftlich verbunden, gründete aber 2003 die auf Kulturdokus spezialisierte Vertriebsfirma Poorhouse International. Er selbst blieb ebenfalls als Regisseur aktiv. In Frankreich führte er bei Theateraufzeichnungen von "L'heure espagnole" (2004, TV) und "Gianni Schicchi" (2004, TV) Regie. Vor allem drehte er jedoch dokumentarische Künstlerporträts, zum Beispiel über den Komponisten Jean-Philippe Rameau (2006), die Pianistin Hélène Grimaud (2009), den Dirigenten Colin Davis (2012) und die Komponisten Dmitri Schostakowitsch (2015) und Pierre Boulez (2018). Sein Dokumentarfilm "Anton Bruckner - Das verkannte Genie" (produziert von Monarda Arts) kam 2020 in die deutschen Kinos.