Die freudlose Gasse

Deutschland 1925 Spielfilm

Inhalt

Ein Querschnitt menschlicher Schicksale im Wien der Inflationszeit: In der Melchiorgasse liegen Elend und Luxus nah beieinander. Hier treffen sich die Verlierer und Gewinner, Prostituierte und Geschäftemacher, Kuppler und Spekulanten. Der Fleischer gibt seine Ware nur gegen sexuelle Dienste heraus. Die Schneiderin betreibt einen Klub, in dem sie junge, hübsche Mädchen verkuppelt. Ein Mann, der an der Börse ein Vermögen machen will, flirtet mit einer reichen Frau. Seine ehemalige Geliebte, inzwischen selbst Mätresse eines reichen Geschäftsmannes, ermordet die Frau aus Eifersucht. Ein Hofrat verliert sein ganzes Geld an der Börse. Seine Tochter landet im Bordell der Schneiderin. Und am Ende kommt auch der brutale Fleischer ums Leben, erschlagen von einer hungernden Mutter.

Der Film beruht auf der Bearbeitung eines 1924 erschienenen Romans von Hugo Bettauer und wurde in nur fünf Monaten realisiert. Die Geschichte war seinerzeit hoch aktuell und politisch brisant: Bettauer war dem damals sogenannten "roten Wien" zugehörig, seine Arbeit in den deutschsprachigen Ländern äußerst umstritten. Rechtsgerichtete Politiker prangerten seine Werke an, Ende 1924 forderten nationalsozialistische Zeitungen seine "Ausrottung". Noch während der Dreharbeiten wurde der Schriftsteller ermordet. Kaum ein Film der internationalen Filmgeschichte wurde von der Zensur aus politischen und moralischen Gründen nachhaltiger gekürzt und verfälscht. Manche Länder verboten ihn sogar ganz. Nach seinem Erscheinen erhielt "Die freudlose Gasse" besonders von der linken Presse hervorragende Kritiken.

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Falk Schwarz
Die Straße der Niedertracht
Wien 1921 - Es herrscht Inflation. Menschen drängen sich verzweifelt wartend vor einem Metzgerladen. Da tritt der brutale Metzger (Werner Krauß) vor die Tür, begleitet von seiner zähnefletschenden Riesendogge. Fleisch wollt ihr? „Für euch gibt es nichts“, sagt er. Doch als sich ein hübsches verzweifeltes Mädchen an ihn wendet, nimmt er sie mit in seinen Laden. Ja, da hängt wahrlich genug Fleisch. Aber der Preis? Der brutale Kerl verschwindet mit dem Mädchen hinter der Tür zum Lager und als sie wieder herauskommt, hat sie zwar ihr Fleisch, aber ihr Gesicht sagt auch, was sie durchgemacht hat. - Wohl kaum ein Stummfilm ist so zerschnitten, verändert, zensiert worden wie „Die freudlose Gasse“. Mit dieser Form des Realismus wollten die Zensoren nichts zu tun haben. „Aber es war doch so. Wir haben es doch mit eigenen Augen gesehen“, schreibt Drehbuchautor Willy Haas später an die Zensoren. Es hilft nichts. Aber die soziale Anklage hält Regisseur G.W. Pabst auch nicht durch. Der Film entfernt sich über lange Strecken von der armseligen Gasse. Im Hinterstübchen einer Modistin feiern die Reichen ihre Orgien. Grete Rumfort (Greta Garbo) muss Geld herbeibringen, damit sie Vater und Schwester ernähren kann. Aber womit? Als die Modistin sie mit einem Freier verkuppelt, läuft sie einfach davon. Bei den tableaux vivants will sie nicht mitmachen. Da taucht ganz unverhofft ein amerikanischer Offizier auf, der dem anständigen Mädchen weiterhilft. So wird das Ganze entschärft. Aber bis es dazu kommt, tänzelt die Kamera von Guido Seeber vor allem um die Anmut und Grazie der Greta Garbo. Sie war damals 20 Jahre alt und spielte ihre erste größere Rolle. Die Faszination dieses Gesichts, das so erstaunlich filmisch wirkte, ihre natürliche Haltung, das Leuchten ihrer grell geschminkten Augen, der fein geschwungene Mund, ihre zarte Figur sind ein Fest für die Augen. Sie muss nicht zu hören sein, um sie zu verstehen. Die Garbo wirkt auch ohne Zwischentitel. Eine Filmfantasie, die „zwischen Bildern von Tyrannei und Chaos“ (Kracauer) schwankt.

Credits

Regie

Drehbuch

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Drehbuch

Darsteller

Dreharbeiten

    • Februar 1925 - März 1925: Berlin
Länge:
9 Akte, 3734 m, 125 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, stumm
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 15.05.1925, B.10477, Jugendverbot

Aufführung:

Uraufführung (DE): 18.05.1925, Berlin, Mozartsaal;
TV-Erstsendung: 31.10.1972, ZDF

Titel

  • Originaltitel (DE) Die freudlose Gasse

Fassungen

Original

Länge:
9 Akte, 3734 m, 125 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, stumm
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 15.05.1925, B.10477, Jugendverbot

Aufführung:

Uraufführung (DE): 18.05.1925, Berlin, Mozartsaal;
TV-Erstsendung: 31.10.1972, ZDF

Prüffassung

Länge:
9 Akte, 3673 m
Format:
35mm
Bild/Ton:
s/w, stumm
Prüfung/Zensur:

Zensur (DE): 29.03.1926, O.00285, Jugendverbot

Archivfassung

Länge:
3235 m
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, stumm
Aufführung:

TV-Erstsendung (DE): 17.12.1998, Arte