Biografie
Hans-Joachim Kunert wird am 24. September 1929 in Berlin geboren. Nach seinem Schulabschluss wird er im DEFA Studio für Spielfilme als Regieassistent eingestellt. Dort arbeitet er mit Regisseuren wie Kurt Maetzig und vor allem Wolfgang Schleif zusammen, dem er Ende der 1940er unter anderem bei den Filmen "Grube Morgenrot" (1948) und "Die blauen Schwerter" (1949) assistiert. Zudem arbeitet er am Deutschen Theater bei Wolfgang Langhoff und Rudolf Noelte als Regieassistent, bevor er schließlich auch eigene Stücke an verschiedenen Bühnen der DDR inszeniert.
1954 wird Kunert Regisseur im DEFA Studio für Wochenschau und Dokumentarfilme. Aus dieser Zeit stammt beispielsweise sein 30-minütiger Dokumentarfilm "Ein Strom fließt durch Deutschland" (1954), ein Porträt der Elbe von Schmilka bis Hamburg. Außerdem porträtiert er den dänischen Schriftsteller Martin Andersen Nexö im gleichnamigen Film von 1960.
Bereits 1956 erhält er auch einen Posten als Regisseur im DEFA Studio für Spielfilme, für das er bis 1970 tätig sein wird. Sein Spielfilm-Debüt ist der Nachkriegsfilm "Besondere Kennzeichen: keine" (1955), der anhand seiner Protagonistin Gerda Krause, gespielt von Erika Müller-Fürstenau, das Schicksal zahlreicher Frauen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nachzeichnet: Ohne Mann und ohne geregelte Arbeit muss sie ihre kleinen Kinder versorgen.
Das Genre des Kriminalfilms ist in den Folgejahren ebenso Kunerts Metier wie das Beobachten menschlicher Schicksale, deren Verlauf mal tragisch, mal hoffnungsvoll endet, aber immer mit Leid verbunden ist. So erzählt er in dem Kriminalfilm "Tatort Berlin" (1958) von dem Ex-Häftling Rudi Prange, der für eine Arbeitsstelle erneut gezwungen ist, in krumme Geschäfte einzusteigen, und dann auch noch zum Sündenbock für zwei Morde gemacht werden soll. Im Drama "Der Lotterieschwede" (1958), nach einer Novelle von Nexö, zeichnet er den Niedergang eines Arbeiters nach, der mithilfe von Glücksspiel sein Leben zu verbessern versucht.
Kunerts bekanntestes Werk ist zweifellos der Film "Die Abenteuer des Werner Holt" (1964), dessen junger Protagonist, gespielt von Klaus-Peter Thiele, am Ende des Zweiten Weltkriegs den Osten Deutschlands gegen die anrückende Rote Armee verteidigen soll. Dabei lässt er Stationen seines Lebens Revue passieren und erkennt immer mehr den Wahnsinn und die Sinnlosigkeit der Sache, der er sich verschrieben hat. Zuletzt begehrt er auf, tötet ein SS-Durchhaltekommando und verlässt die Stellung. Der antifaschistische Film wird mehrfach ausgezeichnet, darunter 1965 mit dem Großen Preis des sowjetischen Friedenskomitees.
1971 geht Hans-Joachim Kunert zum DDR-Fernsehen, für das er mehrere Fernsehfilme realisiert, darunter "Die große Reise der Agathe Schweigert" (1972), "Das Schilfrohr" (1974) nach Erzählungen von Anna Seghers, "Steckbrief eines Unerwünschten" (1975) nach Reportagen von Günter Wallraff und "Die Spur des Vermissten" (1980). Seine letzte Arbeit, der Siebenteiler "Die gläserne Fackel" (1989) nach dem Roman von Wolfgang Held, verzahnt eine Familiengeschichte mit der Chronik des Unternehmens Carl Zeiss Jena.
Hans-Joachim Kunert starb wenige Tage vor seinem 91. Geburtstag, am 18. September 2020, in Potsdam.
Die Ausstattung dieser Personenseite wurde durch die DEFA-Stiftung gefördert.