Ausstellung "Rot. Eine Filminstallation im Raum" im Deutschen Filmmuseum

Am heutigen Dienstag, den 7. März 2017, wird im Deutschen Filmmuseum, Frankfurt am Main, "Rot. Eine Filminstallation im Raum" eröffnet. Bis zum 13. August schafft die Ausstellung einen emotionalen Erlebnisraum, der dazu einlädt, sich auf das Farberlebnis Rot einzulassen. Rund 229 Filmausschnitte auf elf Leinwänden verdeutlichen die Bedeutungsvielfalt der Farbe Rot im Film.

Rot ist eine ganz besondere, eine einzigartige Farbe: Mit roten Rosen und roten Herzen werben die Menschen um ihre Liebsten, Rot steht für den durch die Adern pulsenden Lebenssaft, der, in Übermaßen vergossen, zum Todessignal wird. Rot leuchten Vergnügungsviertel in der ganzen Welt und versprechen Ausschweifung, Lust und Leidenschaft, Sex und nicht selten auch Crime in verruchten Kaschemmen und schummerigen Gassen. Leuchtend rote Blüten geben auch in der Natur ein starkes Signal, mit roter Beflaggung demonstrieren vor allem autokratische Herrscher ihren Allmachtsanspruch. Rot ist eine ambivalente Farbe. Rot steht für starke Emotionen, für Liebe und Romantik ebenso wie für Gewalt und Tod. Rot bringt die Dinge in Bewegung und das Blut in Wallung. Wie Rot im Film seine Wirkung entfaltet und wann es mit welchem Ziel von Regisseur/innen eingesetzt wird, veranschaulicht die Ausstellung "ROT. Eine Filminstallation im Raum" (8. März bis 13. August 2017) im Deutschen Filmmuseum, Frankfurt.

In Baz Luhrmanns "Moulin Rouge" (US/GB/AU 2001, R: Baz Luhrmann) signalisieren Satines (Nicole Kidman) rote Lippen die Verführungskunst und Leidenschaft einer Kurtisane, in Nicolas Winding Refns düsterem Endzeit-Film "Valhalla Rising" (DK 2009, R: Nicolas Winding Refn) sind die gewaltgeprägten Visionen One Eyes (Mads Mikkelsen) in tiefes Rot getaucht, in "We Need to Talk About Kevin" (GB/US 2011, R: Lynne Ramsay) steht das Rot für heftige emotionale Bewegung etwa, wenn Eva sich an die glückliche kinderlose Zeit auf Reisen erinnert oder wenn hasserfüllte Nachbarn ihr Haus mit roten Farbbeuteln bewerfen.

Rot fängt und lenkt im Film den Blick, hebt bestimmte Objekte als bedeutsam hervor und markiert Orte als handlungsrelevant. So etwa die (roten) Briefkästen in "The Birds" (US 1963, R: Alfred Hitchcock). In der schwarz-weißen Welt von "Pleasantville" (US 1998, R: Gary Ross) steht der Einzug von Rot und anderen Farben für das Erwachen der Gefühle. Rot schafft aber auch Atmosphäre, wirkt unbewusst, ähnlich wie Musik, und setzt einen subtilen Bedeutungsrahmen für eine Szene sei es die des Begehrens und der Lust in einem Nachtclub oder die der Gefahr auf einem Kriegsschauplatz.

Dass Rot dialektisch wirkt, zeigen Filme wie "Shame" (GB 2011, R: Steve McQueen), in dem ein rot ausgeleuchteter Darkroom eine Atmosphäre leidenschaftlicher Ausschweifung transportiert und gleichzeitig das Risiko, das schneller Sex zwischen Fremden impliziert. Das gilt auch für Szenen aus "West Side Story" (US 1961, R: Jerome Robbins, Robert Wise), in dem die rote Kleidung der Protagonisten sexuelle Anziehung signalisiert, während rot leuchtende Backsteinwände ein Zeichen drohender Gewalt setzen.

"Dass Rot im Film in erster Linie ein emotionaler Bedeutungsträger ist, der unbewusst Wirkung erzielt, macht sich 'ROT. Eine Filminstallation im Raum' zunutze", betont Kuratorin Stefanie Plappert. So ist der Ausstellungsraum vor allem ein die Sinne ansprechender Erlebnisraum, der dazu einlädt, sich beim schweifenden Gang durch ein rotes Gaze-Labyrinth auf das Farberlebnis Rot einzulassen: Regelmäßig wird der gesamte Ausstellungsraum rot geflutet und so zum Wirkungsraum, in dem die Besucher/innen erfahren, was ein Übermaß der Farbe Rot beim Einzelnen an Empfindungen und Reaktionen auslösen kann.

Darüber hinaus lässt sich auf insgesamt elf Leinwänden anhand zahlreicher Filmbeispiele entlang der Themen Kostüm, Maske, Physis, Gegenstände, Set-Design und Regie der vielfältige Einsatz der Farbe Rot im Film bewusst ergründen. Hier erleben die Besucher/innen auf vier an den filmischen Gewerken orientierten Leinwänden, wie mit der Farbe Rot Wirkung im Film erzielt wird, etwa wenn die Prostituierte Vivian (Julia Roberts) in "Pretty Woman" (US 1990, R: Garry Marshall) von Edward (Richard Gere) zum Besuch der Oper in ein knallrotes Abendkleid gesteckt wird (Kostüm), wenn Graf Dracula (Gary Oldman) in "Bram Stoker's Dracula" (US 1992, R: Francis Ford Coppola) ein bluttriefendes Messer ableckt (Physis), Lolas Haare in "Lola rennt" (DE 1998, R: Tom Tykwer) pumucklrot leuchten und wie eine Signallampe den Blick auf sie lenken oder Frank Booth (Dennis Hopper) sich in "Blue Velvet" (US 1986, R: David Lynch) selbst mit rotem Lippenstift beschmiert (beides Maske); oder wenn die Hotellobby in "Shining" (GB/US 1980, R: Stanley Kubrick) von einer aus dem Fahrstuhl stürzenden Blutwelle geflutet wird (Physis).

Viele Regisseur/innen haben die Farbe Rot immer wieder mit besonderer Lust eingesetzt; das Deutsche Filmmuseum stellt beispielhaft vor, wie sich Alfred Hitchcock, Nicolas Winding Refn und Pedro Almodóvar dieser Farbe bedienen. Für alle drei ist Rot ein Markenzeichen, auch wenn sie die Farbe sehr unterschiedlich einsetzen. So ist Rot bei Hitchcock ein sparsam verwendetes Signal für Gefahr, eine Farbe, die Opfer wie Täter kennzeichnen, aber auch auf Wahnvorstellungen hinweisen kann. Winding Refn setzt Rot ein, um Räumlichkeit zu erzeugen, mittels einzelner Elemente, aber auch ganzer Szenerien, die nur durch die Farbe gebildet werden vollständig rot geflutet durch Licht oder Nachbearbeitung. Bei Almodóvar wiederum gibt es kaum eine Einstellung, in der Rot fehlt: Die Farbe gestaltet Kostüme, Requisiten und Dekors und findet Einsatz in der kompletten Palette ihrer Bedeutungen: Leben, Feuer, Tod, Blut, und Leidenschaft.

Im Zentrum des mit roter Gaze labyrinthisch verhängten Ausstellungsraums, der sich als inszenierte Filmarchitektur lesen lässt, laden im "Red Room" vier im Quadrat angeordnete Leinwände dazu ein, die verschiedenen Wirkungen des Set-Designs inmitten eines roten Raums zu erleben. Wie Regisseur/innen rotes Licht nutzen, Zeichen mit roten Wänden, Möbeln oder der gesamten Raumgestaltung setzen, mit Spezialeffekten Emotionen auslösen oder die Leinwand bei Feuersbrünsten oder Sonnenuntergängen mit Naturrot überschwemmen, ist hier zu sehen. Da verwandeln die leuchtenden Herbstblätter in "Hero" (RC 2002, R: Zhang Yimou) die Leinwand in einen Tornado aus flammendem Rot, ein rot erleuchteter Nachtclub in "Twin Peaks" (FR/US 1992, R: David Lynch) kreiert eine Atmosphäre der Frivolität und des Begehrens.

Die Ausstellung bietet eine sinnliche Entdeckungsreise in die Rot-Wirkung von Film. Entlang des Rundgangs ermuntern sieben von der Decke Richtung Fußboden projizierende Picobeamer dazu, sich auf spielerische Weise tiefgehender zu informieren: Zu den Themen Farbe im Film, Kostüm, Maske & Physis, Set-Design, Regie, Postproduktion und Archivierung liefern sie, oft animiert, passende Zitate und Fotos, die die Besucher/innen selbst abrufen können, indem sie eine am Eingang ausgeteilte weiße Karte unter den Lichtstrahl der Picobeamer halten. Hier kommen in erster Linie Praktiker/innen zu Wort, die erläutern, welchen Anteil das jeweilige Gewerk an der Farbgestaltung des fertigen Films hat.

"Mit dem Ausstellungsprojekt Rot betritt das Deutsche Filmmuseum wieder einmal Neuland in der Präsentation filmischer Themen", sagte Claudia Dillmann, Direktorin des Deutschen Filmmuseums. "Rot ist ein Fest für die Sinne, mit denen die Besucher/innen ganz in das Erlebnis Rot eintauchen und sich gleichzeitig auch intellektuell mit der Wirkung der Farbe Rot im Film auseinandersetzen können. Wir wollen unsere Besucher/innen immer wieder überraschen und freuen uns schon jetzt darauf zu erleben, wie sie sich auf diese innovative Filminstallation einlassen werden."

Quelle: www.deutsches-filmmuseum.de