Abschluss und Preisverleihung beim 25. Filmfest Hamburg

Im Rahmen der feierlichen Abschlussveranstaltung sind am Samstagabend die Preise des 25. Filmfest Hamburg vergeben worden.

Der Art Cinema Award des Internationalen Verbands der Filmkunsttheater ging an "The Rider" von Chloé Zhao (Verleih: Weltkino Filmverleih).
"Auszug aus der Jurybegründung: Es war eine Freude und gleichzeitig eine Herausforderung, aus dieser hochqualitativen Auswahl einen Film für diesen Preis auszuwählen. Die CICAE Jury hat einstimmig entschieden, den Film The Rider mit dem Art Cinema Award auszuzeichnen. Als semi-dokumentarischer Film über das Leben und das Schicksal des Rodeo-Reiters und Pferdetrainers Bradey untersucht The Rider Themen und Motive des Westerngenres. Der Film zeigt uns, dass es trotz harter Umstände, trotz bedrohlicher Naturschönheit und sozialer Miseren möglich ist, ein Leben zu führen, dank Hoffnung und Solidarität."

Der in diesem Jahr erstmals vergebene Sichtwechsel Filmpreis, gestiftet vom Auswärtigen Amt, ging an die Regisseurin Nele Wohlatz für ihren Film "The Future Perfect".
Auszug aus der Jurybegründung: "… Aus der Reihe dieser Filme ragt ein Werk besonders heraus. Es thematisiert, wie es ist, wenn eine Person sich in einer unbekannten Stadt, einer unvertrauten Sprache und damit in einer unvertrauten Gefühlswelt positioniert. Eine deutsche Autorin und Regisseurin, die in Argentinien lebt und arbeitet, hat einen doppelten Sichtwechsel geschafft: indem sie auf eine junge Chinesin schaut, die dort Spanisch lernt. Sie zeigt, wie schon Ludwig Wittgenstein sagte: 'Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt'. Wir freuen uns, den Sichtwechsel-Filmpreis an die Regisseurin Nele Wohlatz für ihren halbdokumentarischen Spielfilm 'The Future Perfect' zu geben."

Der NDR-Nachwuchspreis für Langfilmdebüts und/oder zweite Regiearbeiten ging an die Regisseurin Eliza Hittman für ihren Film "Beach Rats".
Auszug aus der Jurybegründung: "… Mit beeindruckender Souveränität lässt uns die New Yorker Regisseurin Eliza Hittman in ihrem zweiten Spielfilm zusammen mit ihrer Hauptfigur durch den Sommer in Brooklyn auf einen Abgrund zu driften. Die Geschichte fesselt in ihrer dramaturgischen Stringenz und psychologischen Stimmigkeit von der ersten Sekunde an. Die Darsteller – allen voran der formidable Harris Dickinson – agieren höchst glaubwürdig und modern. Die Kamera schafft eine verführerische Intimität, der man sich nicht entziehen kann und möchte. Dabei verdichtet Hittman ihre Erzählung immer wieder zu szenischen Juwelen. Beach Rats versteckt sich nicht hinter ästhetischen Spielereien oder erzählerischen Skurrilitäten, sondern bezieht emotional Haltung und ist dabei so zärtlich, sinnlich, direkt, pulsierend und verletzlich, dass wir bewegt das Kino verlassen und uns bewusst wird, was Filmemachen bedeutet: Liebe zum Zuschauer…"

Die Jury sprach außerdem noch eine Lobende Ewähnung für "Satan Said Dance" von Kasia Roslaniec aus.

Der Preis Der Politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung ging an den Regisseur Emil Langballe für seinen Film "The Wait".
Auszug aus der Jurybegründung: "…'The Wait' ist das eindringliche Portrait der jungen Rokhsar, die mit ihrer Familie aus Afghanistan fliehen musste und sich seit Jahren in Dänemark in der Warteschleife befindet, immer bedroht von der Abschiebung. Wir lernen Rokhsar als selbstbewusstes Mädchen kennen, das perfekt in den dänischen Alltag integriert ist. Sie spricht fließend Dänisch, geht begeistert zur Schule und wird im Sportverein zur Fußballerin des Jahres gewählt. Dieses fast schon unheimliche Idealbeispiel für Integration wird jedoch gleich zweifach gebrochen – zum einen durch die willkürlich erscheinenden Behörden, aber vielleicht noch mehr durch die stetig zunehmende Verantwortung, die auf Rokhsar lastet. Denn sie ist es, die im Alleingang die Interessen ihrer Familie vertreten muss. Der Regisseur Emil Langballe hat Rokhsar und ihre Familie über Jahre hinweg begleitet. Er setzt zu Recht ganz auf seine einnehmende Protagonistin, die ihre Situation reflektiert und sich mutig gegen ihr vermeintliches Schicksal stemmt, selbst wenn sie daran zu zerbrechen droht. 'The Wait' findet mit einem klaren Blick für das Wesentliche zu einer Dringlichkeit, die uns beeindruckt hat."

Der Filmfest Hamburg Kritikerpreis, vergeben von Filmkriter*innen und Kulturredakteur*innen deutscher Nachrichtenmagazine, Online-Medien, Radiosendern und Tageszeitungen, ging an "Florida Project" von Sean Baker.
Auszug aus Jurybegründung: "…'Florida Project' erzählt die Geschichte der sechsjährigen Moonee, die mit ihrer alleinerziehenden und vom Leben völlig überforderten Mutter in einem billigen Motel in Florida lebt. Moonees Geschichte ist drastisch, sehr drastisch, und Sean Baker hat einen unerschrockenen, niemals beschönigenden und gänzlich unsentimentalen Blick auf diese harsche Realität. Dennoch fühlt man sich als Zuschauer in diesem Film niemals im Stich gelassen, weil er auch die Widerstandskraft eines Kindes und dessen ungezügelte Fantasie zeigt. Und weil der Film alle seine Figuren ernst nimmt: Keiner wird hier Preis gegeben, mögen die Menschen noch so verzweifeln und versagen…"

Die Jury sprach außerdem noch eine Lobende Erwähnung für den Film "Lieder für die Ewigkeit" von Pat Collins aus.

Der Commerzbank-Publikumspreis im Rahmen der Sektion "Eurovisuell" ging an "For Your Own Good" von Carlos Therón.

Der MICHEL Filmpreis, vergeben von der Hamburgischen Kulturstiftung und der Ian und Barbara Karan Stiftung, ging an "1:54" von Yan England.
Auszug aus der Jurybegründung: "Der Gewinnerfilm hat die gesamte Jury von Anfang an gepackt, da uns die Botschaft des Filmes alle sehr berührt hat. In dem Film gab es viele emotionale Momente und die besonderen Themen waren: Mobbing, Cybermobbing, Freundschaft, Liebe und Freiheit. Die Themen wurden auf eine einfühlsame und ernste Art und Weise behandelt, sodass sie für uns alle nachvollziehbar und erfahrbar waren. Die gelungene technische Umsetzung hat den Film sehr unterstützt und zu einem mitreißenden Erlebnis gemacht. Wir als Jury waren uns auf Anhieb einig…"

Bereits am Freitag waren die Hamburger Produzentenpreise vergeben worden: Der Hamburger Produzentenpreis Europäische Kino-Koproduktion ging an Eva Blondiau (Color of May) für den Film "Arrhythmia" von Boris Khlebnikow.
Auszug aus der Jurybegründung: "… Der Film erzählt uns mit großer Menschlichkeit die Geschichte eines jungen russischen Paares, das unter extremen beruflichen und gesellschaftlichen Bedingungen lebt und um seine Würde und Liebe kämpft. Wir waren fasziniert und berührt, wie es diesem Film virtuos gelungen ist, selbst die groteskesten und härtesten Situationen mit großartigem Humor zu meistern. Die beiden Hauptdarsteller sind einfach wunderbar. Das Ende ist ein Versprechen, an das wir gerne glauben möchten."

Das Preisgeld wurde von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg zur Verfügung gestellt.

Der Hamburger Produzentenpreis Deutsche Fernsehproduktion ging an Hubertus Meyer-Burckhardt und Christoph Bicker (Polyphon Film- und Fernsehgesellschaft) für "Meine fremde Freundin" von Stefan Krohmer.
Auszug aus der Jurybegründung: "…der für die ARD/NDR produzierte Fernsehfilm erzählt die Geschichte einer Frau, die erkennen muss, dass ihre einzige Freundin einen Mann zu Unrecht beschuldigt, sie sexuell missbraucht zu haben. In dem Film erkennt die Jury an, dass Produzent und Regie sich für ein sensibles Thema entschieden haben. Dank der überzeugenden Buch- und Regiearbeit gelingt ein glaubhaftes, in sich geschlossenes Drama. Der Film baut als einer der wenigen Beiträge des Wettbewerbs seine Geschichte unprätentiös, ohne Effekthascherei nachvollziehbar auf."

Das Preisgeld wird seit 2014 von der VFF - Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten zur Verfügung gestellt.

Der Douglas Sirk Preis wurde am Freitag an den Regisseur, Autor und Fotografen Wim Wenders vergeben.

Das 26. Filmfest Hamburg findet vom 27. September bis 6. Oktober 2018 statt.

Quelle: www.filmfesthamburg.de