Lehmanns Erzählungen

BR Deutschland 1974/1975 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
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Als Sabine (Anne Marie Kuster) in alten Sachen kramt und dabei drei silberne Sahnelöffel findet, erinnert sich ihr Vater Lehmann (Otto Sander) an die unmittelbare Nachkriegszeit. 240 Exemplare hatte er als Soldat „erbeutet“ und diese bilden nun den Grundstock für seine überaus erfolgreiche Schwarzmarktkarriere. Wobei ihm nicht nur sein im wahren Wortsinn zu versilberndes Startkapital zu Hilfe kommt und seine enorme Lernfähigkeit, zum Schieber erster Qualität, ja zum ungekrönten König des Schwarzmarktes zu avancieren. Sondern auch Kumpel wie Anita (Ingeborg Kanstein), die ihm zu seinem ersten gewinnbringenden Deal verhilft, Hochprozentiges für die siegreichen Alliierten: 500 Flaschen Alkohol, in denen eben noch Präparate wie Bandwürmer und Frösche schwammen. Oder Iwan (Günther Backes), der auch ’mal mit einem geliehenen Baby hilft, um amerikanische Posten abzulenken...

Es muss eine aufregende Zeit des Aufbruchs gewesen sein, die Siegfried Lenz und Wolfgang Staudte mit viel Humor und köstlichen Anekdoten (Schmuggelszene mit Rose Renée Roth als „Dame im Zug“) erzählen, eine im Grunde anarchische Zeit, in der alles möglich schien, obwohl fast alles verboten war. In der die Intelligenz und Anpassungsfähigkeit des Einzelnen gefragt war, nicht die Segnungen des später mit dem „Wirtschaftswunder“ möglichen Sozialstaats. Allerdings wird in der die glücklich überstandene Vergangenheit verklärenden Erinnerung manches golden, was eher grau gewesen ist. Das gilt sicherlich auch für „Lehmanns Erzählungen“, mit denen Siegfried Lenz ein humorvolles, aber auch vom eigenen Erleben geprägtes authentisch-exaktes Bild des unmittelbaren Nachkriegsdeutschlands, der sogenannten „Stunde Null“ des Jahres 1945, gezeichnet hat.

Und jedenfalls für die neunzigminütige Verfilmung, an der Siegfried Lenz beratend beteiligt war und der die damaligen Ereignisse zwischen Krieg und Währungsreform bis in die Gegenwart dreißig Jahre später hineinwirken lässt, unmittelbar und mittelbar. Denn die drei Sahnelöffel, die Lehmann zu amüsanten, bisweilen auch nachdenklichen Rückblicken auf eine bewegte Zeit veranlassen, landen im Trödelladen der Studentenclique seiner Tochter Sabine...

Wolfgang Staudte hat mit einer tollen Besetzung, darunter Christa Berndl als Ella, Anton Diffring als Allan, Thomas Kylau als Bruno und Katharina Mayberg als Frau Proschke sowie Karl Lieffen, Herbert Steinmetz und Joachim Wolff vor allem auf die Karte der unbeschwerten Unterhaltung gesetzt. Für eine am 8. April 1975 erstausgestrahlte Fernsehproduktion zum Auftakt der ZDF-Reihe „Unterwegs zum Frieden“, in der u.a. auch Walter Kempowskis „Tadellöser und Wolff“ sowie Bernhard Wickis Spielfilm „Die Brücke“ ausgestrahlt wurden im April und Mai des Jahres 1975, keine schlechte Wahl. Aber eine populistische.

Pitt Herrmann


Credits

Alle Credits

Titel

  • Originaltitel (DE) Lehmanns Erzählungen

Fassungen

Original

Länge:
90 min bei 25 b/s
Format:
16mm, 1:1,37
Bild/Ton:
Farbe, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DE): 08.04.1975, ZDF