Die Architekten

DDR 1989/1990 Spielfilm

Inhalt

Der Film erzählt die Geschichte eines Projekts: Junge Architekten sollen für ein riesiges Neubaugebiet ein gesellschaftliches Zentrum entwerfen. Für alle ist es nach Jahren der Routine die erste wirkliche Chance. Daniel hat sich diese Truppe, ehemalige Studienfreunde, selbst zusammensuchen dürfen - wie die glorreichen Sieben. Kino, vietnamesisches Restaurant, Eisdiele, Ecken zum Rumlungern, begrünte Dächer, Zusammenspiel von Natur und Kunst - sie denken sich eine menschenfreundliche Gegend aus. Die wird so nie ausprobiert werden. Nur ein Torso bleibt übrig - ohne die fröhliche Phantasie. Aus runden und achteckigen Entwürfen werden wieder Vierecke, die Kastration betrifft Wesentliches. Und die Gruppe löst sich auf wie die zehn kleinen Negerlein. Den letzten beißen die Hunde.

 

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Heinz17herne
Heinz17herne
Gelangweilte Routine-Tristesse im volkseigenen Architektur-Büro wie in den Arbeiterschließfächern im Berliner Trabantenbezirk Marzahn, Ehegattinnen-Tristesse eines Alltags zwischen Sofa und Bügelbrett: Peter Kahanes Vorwende-Spielfilm „Die Architekten“, der nach einer Voraufführung am 27. Mai 1990 im Rahmen des 6. Spielfilmfestivals der DDR im Berliner International am 21. Juni 1990 offizielle Uraufführungs-Premiere im gleichen Kino feierte und Tags darauf republikweit anlief, beginnt wenig aufregend. Zumal für ein Publikum, das sich längst gegen den sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat entschieden hat – in einer Abstimmung mit den Füßen. Vorzugsweise mit dem Umweg über die einst mit dem Pankower Regime befreundeten sozialistischen Staaten Südosteuropas.

Max Sonntag (Karl Ernst Horbol) holt seinen Fach-Kollegen und Freund Daniel Brenner zur Ehrung ihres alten Hochschullehrers ab. Zurück bleibt Brenners Gattin Wanda, die ihr Medizinstudium abgebrochen hat, als Tochter Johanna zur Welt gekommen ist. Und sich nun als angestellte Physiotherapeutin in einem größeren Betrieb fragt, ob das schon alles gewesen ist mit 35 Jahren.

Auch ihr um drei Jahre älterer Gatte Daniel hat sich schon gefragt, warum er Architekt geworden ist. Genormte Wartehäuschen für Busstationen oder stets die gleichen Kaufhallen in Plattenbauweise haben den begabtesten Schüler seines Professors, wie dieser jetzt noch einmal bekräftigt, alle Ideale der Studienzeit vergessen lassen. Dafür macht er jetzt die Bekanntschaft des offenbar auch mit Privataufträgen bestens versorgten Architekten Günther Adam. Und der ist beim Professor im Wort, sich um Daniel Brenner zu kümmern.

Wie aus dem Nichts heraus wird Daniel zu Albrecht Wischala gebeten, so etwas wie der Chef des Architektur-Büros auf politischer, vielleicht gar ministerieller Ebene. Daniel soll im Auftrag des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend (FDJ) ein Jugendkollektiv leiten, das mit dem 85 Millionen-Projekt der Nachfolgebauten in Marzahn befasst wird: Kulturhaus, Kino, Restaurant, Post, Hallenbad, Kaufhalle. Und er darf sich seine Mitstreiter aus dem Kreis der ehemaligen Kommilitonen selbst aussuchen.

Brenner ist Feuer und Flamme, auch wenn er zunächst Absagen kassiert: Einer ist Schäfer geworden, ein anderer Gastwirt, einer schon seit Jahren in Köln. Fünf bekommt er zusammen, darunter Franziska Scharf, die froh ist, dem Typenbau-Einerlei zu entkommen, und Renate Reese, bisher als alleinerziehende Mutter auf irgendeinen Büroposten abgeschoben. „Gebaut wird nur das Machbare“: Das um zwei junge Absolventen komplettierte Kollektiv bemüht sich, die Schere aus dem Kopf zu bekommen, denn: „Uns muss man gar nichts verbieten, wir verbieten uns das selbst.“ Der Diskussionsprozess ist heftig, aber am Ende soll es nicht wieder heißen: „Bis jetzt hat immer noch der Kleinbürgergeschmack gesiegt.“

Das Brenner-Kollektiv gewinnt den 1. Preis des Wettbewerbs und feiert ausgelassen. Nur Wanda kann dem Erfolg keine positiven Seiten abgewinnen: Davids Familie ist nun endgültig der Planungsstab und sein Zuhause die Baustelle. Um den Haussegen wieder einzurenken, kümmert sich Daniel mehr um seine Tochter Johanna, damit Wanda Zeit für sich hat, fürs Kino und Theater. Allerdings auch für einen früheren Studienkollegen ihres Gatten, dem sie nun – samt Johanna – in die Schweiz folgen will, nach vollzogener Scheidung.

Zu den privaten Problemen gesellen sich berufliche: Die Partei hat dem Kollektiv zwei harte Brocken an die Seite gestellt, die dafür sorgen sollen, dass die Träume der jungen Architekten nicht allzu sehr in den Himmel wachsen: den Architekten Gerd Naumann und den Ökonom Endler: „Ich bin dafür bekannt, dass man mit mir nicht gut auskommt.“ Als Genosse Albrecht Wischala das Ergebnis der Revision durch Partei- und Kombinatsleitung bekannt gibt, bricht das Kollektiv resigniert auseinander. Die Bürokraten haben aber auch alles zerpflückt, was von der gewohnten, weil ideologisch gewollten gestalterischen Gleichförmigkeit abweicht: Monotonie in der City.

Auch Daniel Brenner schmeißt hin, schreibt aber noch einen Beschwerdebrief an den nominellen Auftraggeber, den Zentralrat der FDJ. Und plötzlich ist das Projekt wieder im Plan, Daniel muss als frischgebackener „Aktivist der sozialistischen Arbeit“ weitermachen, „unter neuen Bedingungen“ versteht sich. Und ohne den letzten ihm verbliebenen Mitstreiter, Wilfried Berger: Der hat einen Ausreiseantrag gestellt...

Dabei hätte es sowohl beruflich, bei Günther Adam, als auch privat, mit Renate Reese und ihrem kleinen Sohn, wohl keinen Neuanfang, aber eine Alternative geben können. Nun liegt Brenner mit einer Schnapsflasche unterm Rednerpult der Grundsteinlegung in der Marzahner Bauplatz-Brache und aus dem Off erklingt der Händelsche „Messias“, der die jungen Architekten einst bei ihren planerischen Höhenflügen beflügelt hatte...

Wolfgang Greese wurde beim 6. DDR-Spielfilmfestival in Berlin als bester Nebendarsteller ausgezeichnet, der Film erhielt den Preis der katholischen Filmkommission der Berliner Bischofskonferenz. „Die Architekten“ war im Wende-Jahr 1990 ein allegorisches Stimmungsbild: Als der Film in die Kinos kam, verließen täglich bereits Tausende die DDR in Richtung Westen. Heute ist Peter Kahanes Porträt einer jungen Generation, die vergeblich gegen die staatlichen Zwänge und die Schere im eigenen Kopf kämpfte, vor allem ein Stück Zeitgeschichte. Unterlegt mit einer von Kathrin Pfeifer am Akkordeon interpretierten Musik (u.a. von Tamas Kahane), die lange nicht aus dem Ohr geht. Im Rahmen der 41. Berlinale wurde der Film am 16. Februar 1991 in der Filmbühne am Steinplatz gezeigt.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Drehbuch

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Drehbuch

Drehbuch-Mitarbeit

Dramaturgie

Kamera-Assistenz

Ausstattung

Bau-Ausführung

Requisite

Kostüme

Schnitt

Mischung

Beratung

Musik-Ausführung

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Länge:
2919 m, 97 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 27.05.1990, Berlin, International

Titel

  • Originaltitel (DD) Die Architekten

Fassungen

Original

Länge:
2919 m, 97 min
Format:
35mm, 1:1,66
Bild/Ton:
Orwocolor, Ton
Aufführung:

Uraufführung (DD): 27.05.1990, Berlin, International

Auszeichnungen

Nationales Spielfilmfestival der DDR 1990
  • Spezialpreis
  • Bester Nebendarsteller