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Kurzfilm über General Eduardo Cano, der nach dem Militärputsch Direktor der chilenischen Zentralbank in der Pinochet-Diktatur wurde. Cano lässt Geldscheine aus dem Verkehr ziehen, die von Oppositionellen mit Widerstandsparolen beschrieben wurden. Aus dem Chile-Zyklus von Walter Heynowski und Gerhard Scheumann.
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Cano spricht zunächst die hohe Inflation von 700 Prozent in Chile an, die Pinochet dazu veranlasste, neue Geldscheine herauszubringen: die 5000-Escudo-Note sollte ganze Bündel der 500er Note ersetzen. Zumal diese, 1971 von der gewählten Regierung Salvador Allende in Umlauf gebracht, den verstaatlichten größten Kupfertagebau der Welt zeigt – und einen Arbeiter. Weil das von den USA unterstützte Pinochet-Regime das Unternehmen an amerikanische Konzerne rückübertragen will, tragen immer mehr dieser Scheine am unteren Ende die handschriftlichen Zusätze „1973“ und „Die Guerillas werden die Mine den Yankee-Bossen zurückgeben.“
Cano lässt diese und andere Geldscheine, die von Oppositionellen mit Widerstandsparolen beschrieben wurden, aus dem Verkehr ziehen: „Chile wache auf“, „Allende lebt“ oder „Es lebe U.P.“ lauten die Aufschriften. Wobei das Kürzel das 1970 mit Salvador Allende siegreiche Wahlbündnis Unidad Popular aus Sozialdemokraten, Sozialisten, Kommunisten und anderen Linksparteien meint. Allerdings, das wird meist unterschlagen in der Geschichtsschreibung zumal in der des Studios H & S: Auch die Christdemokraten haben Allende zum Präsidenten gewählt.
Mit kurzen, vom Sprecher Gerhard Scheumann aus dem Off kommentierten Einblendungen versehen (Frau mit leerem Einkaufsnetz, hektisches Geldscheinzählen an der Supermarkt-Kasse, Übergabe des ersten 5000er Note an Pinochet, jubelnde Chilenen bei einer Allende-Kundgebung, Verhaftungen des Pinochet-Regimes), gelingt dem nur sechsminütigen Kurz-Dokumentarfilm die völlige Selbstentlarvung der Militärdiktatur: Cano, Geldscheine in die Kamera zeigend, gibt sich empört: „Hier zum Beispiel wird die Junta als Junta von Dieben bezeichnet, was, wie Sie begreifen, nicht der Wahrheit entspricht.“
Dann bittet der Zentralbankchef um Verständnis: „Über die Ausnahmezonen der Garnisonen gaben wir Befehl, dass Scheine umgetauscht werden müssen, die Bemerkungen gegen die Streitkräfte oder die Regierung tragen“, denn: „Das ist sogar eine billige Form von Propaganda, die alle Kreise erreicht. Sie verschärft sich, weshalb wir den Umlauf solcher Scheine verboten haben. Man muss sie in der Zentralbank umtauschen, damit wir uns im In- und Ausland richtig darstellen.“
Am Ende werden noch einmal handschriftlich veränderte Banknoten gezeigt: „Stoppt die Exekutionen“ lauten die Forderungen und: „Wir wollen in Frieden leben“. Aber auch ein kleiner Hoffnungsschimmer ist zu lesen: „Wir haben eine Schlacht verloren. Aber nicht den Krieg.“
„Geldsorgen“ ist am 5. September 1975 in der Akademie der Künste der DDR (Ost-) Berlin uraufgeführt und beim 1. Leistungsvergleich Dokumentar- und Kurzfilm der DDR für Kino und Fernsehen vom 2. bis 4. Oktober 1975 im Berliner „Kino am Fernsehturm“ gezeigt und mit dem Hauptpreis ausgezeichnet worden. Als Beiprogramm zum Kino-Hauptfilm am 7. November 1975 angelaufen gabs auf der 18. Internationalen Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche für Kino und Fernsehen vom 22. bis 29. November 1975 das Ehrendiplom der Jury und das Fipresci-Diplom der Filmkritiker. Nach der bundesdeutschen Erstaufführung am 29. April 1976 bei den 22. Westdeutschen Kurzfilmtagen Oberhausen kam der Hauptpreis der Internationalen Jury noch hinzu.
Pitt Herrmann