Freunde

Deutschland 1999/2000 Spielfilm

Freunde


Oliver Rahayel, film-dienst, Nr.4, 13.02.2001

Wie viel hält eine Freundschaft aus? Im besten Fall alle Widrigkeiten des Lebens, möchte man meinen. Im Falle von Nils und Tayfun sind die Rahmenbedingungen besonders schwierig: Nils ist Polizist, Tayfun ein kleiner Drogendealer, der nebenbei eine Berliner Szenekneipe führt; außerdem ist Nils ein Deutscher und Tayfun ein Türke. Damit nicht genug: Tayfun geht mit Caro, die vorher lange mit Nils zusammen war. Zunächst ist beider Zwietracht eher geschäftlich. Nils lässt sich bewusst für eine Razzia in Tayfuns Lokal einteilen, jedoch nicht, wie Tayfun glaubt, um ihm eins auszuwischen, sondern um den Stoff heimlich selbst einstecken und Tayfun dadurch zu entlasten. Aber es ist auch noch eine andere Rechnung zwischen den beiden offen; außerdem brodelt es wieder zwischen Nils und Caro, was aus dem Drama um Freundschaft und Vertrauen zusehends eine Liebestragödie werden lässt.

Der Film legt anfangs ein hohes Tempo und eine beachtliche atmosphärische Dichte vor. Auch die Entwicklung der Geschichte ist nicht ohne Raffinesse. Man befindet sich auf dem Kiez, der Umgangston ist rau, aber herzlich; hell ist es nicht in dieser Welt, eher graublau, was sowohl die Wände betrifft als auch die Kleidung und irgendwie auch die Gesichter - eine Farbe, die seit einigen Jahren „trendy“ ist im Krimigenre. Für einen Kinoregisseur bedeutet dies, dass er mehr bieten, über den Standard hinaus denken muss. Einige Bilder kommen diesem Ziel nahe, besonders dann, wenn Nils mit sich und den Problemen seiner Welt alleine ist: wichtige Momente des Innehaltens in einer Geschichte, die von inneren Konflikten handelt. Das äußere Handlungsskelett nimmt derweil zwar zunehmend Form an. Doch das Fleisch, mit dem man es zum Leben erwecken könnte, reicht zu kaum mehr als einer magersüchtigen Figur mit schwachem Ego. Das liegt zum Teil daran, dass die Sprüche - coole Szenetypen müssen in deutschen Filmen grundsätzlich in Sprüchen sprechen, in Bonmots, wie man das früher nannte - zu unoriginell oder zu unwitzig sind, was dazu führt, dass die Haupt- und Nebenfiguren kaum sinnvolle Sätze von sich geben. Außerdem wirken die Dinge, die sie anstellen, so, als gehorchten sie eher dramaturgischen Erfordernissen anstatt die Figuren zu charakterisieren. Als Benno etwa, der ein doppeltes Spiel spielt, sich von Tayfun zum Beweis seiner Freundschaft und Loyalität als Schläger engagieren lässt, entsteht eine brenzlige Situation, die an Undercover-Filme wie „Donnie Brasco“ (fd 32 508) erinnert. Aber solche Szenen werden auf emotionaler Ebene nicht weiter ausgespielt, sie bleiben im luftleeren Raum hängen. Mit äußeren Aktionen allein lassen sich die zunehmende Behäbigkeit der Handlung und die Eindimensionalität der Figuren auf Dauer aber nicht beheben. Zudem fehlt diesem dffb-Abschlussfilm des ehemaligen Regieassistenten von Matthias Glasner ein Spannungsbogen über die Frage hinaus, wie viel denn nun so eine Freundschaft aushält. Manchmal ist das mehr, als dieser Film vermuten lässt.

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