Der Schrei der Liebe

„Willst Du mich umbringen?“ Eine Stichflamme schießt hoch, als Holger Behrend diese Worte herausschreit. Aber mit lachendem Gesicht, schließlich hat Gattin Simone nur zu viel Spiritus in die Glut geschüttet beim kleinen Grillfest im eigenen Garten. Doch das Lachen gefriert ihnen im Handumdrehen zu Eis. Was nicht so sehr an Tochter Lara liegt als dem ersten Freund, den sie mit nach Hause bringt: Yannis sieht verdammt gut aus und ist sich seiner Wirkung sehr wohl bewusst, ja er kokettiert mit ihr auch hier in idyllischer Umgebung im trauten Familienkreis.

Yannis spielt mit den Gefühlen anderer und genießt den Erfolg, den er keineswegs nur bei gleichaltrigen Mädchen und deren Müttern hat. Simone lässt sich beinahe um den kleinen Finger wickeln und auch Holger zeigt sich angetan vom Freund seiner Tochter – und ist zu seiner eigenen Irritation nicht angewidert, als er herausfindet, dass Yannis ein bisexueller Stricher ist, der seinen Lebensunterhalt auf eindeutig zweideutige Weise verdient. Im Gegenteil: Holger zeigt sich fasziniert.

Noch versucht der gutbürgerliche Familienvater, die in ihm aufkeimenden Gefühle zu verdrängen, zumal Yannis inzwischen mit ihm unter einem Dach wohnt, da dessen Mutter im Krankenhaus liegt und er daheim nicht allein sein will. Doch dann kommt es zu ersten zärtlichen Berührungen – und irgendwann erwischt Lara ihren Vater und ihren Freund inflagranti. Für sie bricht eine Welt zusammen, ihre Mutter Simone ist zutiefst verletzt – und setzt Holger vor die Tür.

Der versucht ein neues Leben an der Seite von Yannis, doch schon bald stellt sich dessen Bindungsunfähigkeit heraus: Yannis zieht es immer wieder auf den Strich, in sein „Milieu“. Und Holger darf zu seiner Familie zurückkehren...

Normalerweise wäre nun ein für die ARD-Reihe „Wilde Herzen“ produzierter Fernsehfilm, der zumal zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr im „Ersten“ ausgestrahlt wird, zu Ende. Nicht so in diesem, dem Titel „Der Schrei der Liebe“ gerecht werdenden Fall: Die Nachricht einer schweren Verletzung von Yannis treibt Holger wieder aus dem Haus und in dessen Arme. Nun wird es tragisch und melodramatisch – und leider auch, ich kann es trotz der auch stillen Momente sowie der hochkarätigen Besetzung des Protagonisten-Quartetts nicht anderes ausdrücken, schwül und kitschig. Und da hilft es auch nicht, dass der Geschichte ein authentischer Fall zugrunde liegen soll.

Pitt Herrmann