Rollenspiele - Fassbinder und die Frauen

Deutschland 1992 TV-Dokumentarfilm

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Heinz17herne
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Rainer Werner Fassbinder gilt als Frauenregisseur: Mit „Fontane Effi Briest“, „Martha“, „Die Ehe der Maria Braun“, „Lola“ und „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ stehen in fünf seiner vierzig Filme Frauen bereits im Titel. In Thomas Honickels sechzigminütiger Dokumentation „Rollenspiele – Fassbinder und die Frauen“, einer Auftragsproduktion des Südwestfunks Baden-Baden zum zehnten Todestag Fassbinders, sprechen drei seiner Protagonistinnen über ihre Zusammenarbeit mit RWF: Hanna Schygulla und Irm Hermann, die beide jeweils in 20 seiner Filme mitwirkten, sowie Margit Carstensen, die es auf 15 Fassbinder-Filme gebracht hat.

Welche Affinität hatte der bisexuelle Regisseur zu Frauen? Warum hat er sich so gut in Frauen einfühlen können, sodass ihm bald selbst das Etikett „Frau im Mann“ verpasst worden ist? Was konnte RWF mit Frauen besser erzählen? Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit am Set und nach dem Dreh? Es sind intime Werkstattgespräche, in denen die drei „Fassbinder-Frauen“ vor der Kamera Jürgen Schaals auch von seiner Kindheit, der Beziehung zu seiner Mutter und seinen allesamt unglücklichen Männerfreundschaften berichten. Sie gehen sehr offen an die zu Themenkomplexen gebündelten Fragen heran, bekunden aber unisono ihre Faszination für diesen einfühlsamen und zugleich männlich-erotischen Filmemacher, der sich ganz individuell auf ein (weibliches) Gegenüber einstellen konnte.

Auf der anderen Seite übte Fassbinder offenbar einen großen Gruppenzwang aus, um seine ursprünglich Münchner antiteater-Truppe zusammenzuhalten. Dem sich die Schauspieler (-innen) auch deshalb schwer entziehen konnten, weil Fassbinder psychologische Tricks anwandte, um bei Bedarf den einen gegen den anderen auszuspielen. Eine vor Lebensfreude geradezu sprühende Irm Hermann berichtet von einem solchen Fall, der bei ihr allerdings dazu führte, dass der Faden plötzlich riss: Mit entwaffnender Offenheit schildert sie ihre Liebesbeziehung zu RWF, für dessen Männergeschichten sie auch heute noch, zehn Jahre nach seinem Tod, kein Verständnis aufbringen kann. Sie ist nach der Trennung 1975 von München nach Berlin gezogen und heiratete den Kinderbuchautor Dietmar Roberg, mit dem sie zwei Söhne hat.

Fassbinder ist, das bekunden alle drei Schauspielerinnen übereinstimmend, stark von seiner in früher Kindheit krankheitsbedingt gestörten Mutterbeziehung geprägt worden. Zeitlebens hatte er eine starke Affinität zu starken, selbstbewussten Frauen, etwa berühmten Hollywooddarstellerinnen. RWF konnte eine starke weibliche Seite seines Ichs aktivieren, konnte sich in weibliche Charaktere einfühlen, mit den Frauen seiner Umgebung ganz anders kommunizieren als seine Geschlechtsgenossen. Allerdings blieben seine „Frauengeschichten“ stets beruflich motiviert, einen Rückzug ins Private hat es diesbezüglich nicht gegeben. Weshalb sich Irm Hermann, die immer noch eine starke emotionale Bindung zu ihm bestätigt, Fassbinders Unerbittlichkeit ihr gegenüber so erklärt: Er hat ihr die innerliche und dann auch räumliche Trennung von seiner Münchner Gruppe nie verzeihen können.

Auch bei seinen Männergeschichten habe die biographisch bedingte Suche nach Geborgenheit, nach familiärem Zusammenhalt und Gruppenbezug im Vordergrund gestanden. Den Rahmen der drei sehr intensiven Interviews Thomas Honickels bildet ein Gespräch mit Rosel Zech, die von 1972 bis 1980 zur legendären Theatertruppe Peter Zadeks am Schauspielhaus Bochum und am Deutschen Schauspielhaus Hamburg gehörte und über ihn auch zu Fassbinder fand („Lola“, „Veronika Voss“). Sie zeichnet ein eher behutsames, ja geradezu zärtliches Psychogramm des von ihr verklärten und idealisierten Filmemachers.

Pitt Herrmann

Credits

All Credits

Duration:
60 min
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

TV-Erstsendung (DE): 26.10.1992, SWR

Titles

  • Originaltitel (DE) Rollenspiele - Fassbinder und die Frauen
  • Untertitel Frauen über R. W. Fassbinder

Versions

Original

Duration:
60 min
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

TV-Erstsendung (DE): 26.10.1992, SWR