Der Schimmelreiter

DDR Polen 1984 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Stark bewegte See. Ein Reiter (Stefan Szmidt) muss absteigen und sein Pferd beruhigen. Sturm kommt auf, in der Ferne sieht er eine in weiße Wolken gehüllte Erscheinung, die er sich nicht erklären kann. Von ihr erzählt er im Wirtshaus, in das er sich vor dem Unwetter gerade noch flüchten konnte. Nicht nur der Wirt Herbert hört ihm aufmerksam zu, sondern auch ein alter bärtiger Mann (Witold Dederko), der dem fremden Reiter die Geschichte von Hauke Haien erzählt, die sich hier vor einhundert Jahren, „als der große Friedrich regierte damals in Preußen“, zugetragen hat.

Auf Vermittlung seines Vaters Tede Haien (Bohdan Albert Janiszewski) wird sein Sohn Hauke, der gerade mit der Schule abgeschlossen hat, vom Deichgrafen Volkerts (Lech Ordon) als Kleinknecht eingestellt – aufgrund seiner beeindruckenden Rechenkünste. Denn damit ist es bei „Utz Weerth“ nicht zum besten bestellt. So führt Hauke Haien schon bald die Bücher des Deichgrafen zur heimlichen Freude von dessen Tochter Elke, die sich für Haukes geometrische Arbeiten interessiert. Aber zum ganz offensichtlichen Verdruss des Großknechts Ole Peters, der seine Felle bei Elke wegschwimmen sieht.

„Bei dem geht’s nicht mit rechten Dingen zu“: So intrigiert er gegen Hauke im Wirtshaus und stößt auch beim Prediger (Jerzy Trela) auf fruchtbaren Boden, der gegen Bildung allgemein und insbesondere gegen die kirchenkritische Wissenschaft wettert. Dabei nutzt der Kleinknecht nur die Instrumente seines Vaters, eines ehemaligen Landvermessers, um dem Oberdeichgraf Pläne für einen neuen Deich mit verändertem Querschnitt präsentieren zu können. Der alte Deich wird größeren Sturmfluten bald nicht mehr Stand halten können.

Im Winter ist der Oberdeichgraf beim traditionellen „sportlichen Wettkampf“, der in Theodor Storms Roman als „Eisboseln“ bezeichnet wird, zu Gast, den Hauke gewinnt, weshalb er Elke abends zum Tanz führen darf. Als Tede Haien im Sterben liegt, muss Hauke nach Hause zurückkehren – mit dem von Elke zugesteckten Verlobungsring am Herzen. Ole, der bei ihr seine Niederlage eingesehen hat, heiratet die wohlhabende Bauerntochter Vollina Harders und kann sich Hoffnungen machen, einst Volkerts als Deichgraf zu beerben.

Dessen plötzlicher Tod ruft Elke auf den Plan, welche die letztlich erfolgreiche Bewerbung des gerade 24 Jahre alt gewordenen Hauke um das Amt ihres Vaters beim Oberdeichgrafen vehement unterstützt. Und wieder ist es ein Vater (Heinz Berlau), der seinen 13-jährigen Sohn Iven Johns (Wojciech Terlecki) beim frischgebackenen Deichgrafen als Kleinknecht empfiehlt. Mit Unterstützung der vorgesetzten Behörden kann Hauke den Plan einen neuen Deiches umsetzen, womit er sich bei den Bauern, die ihre Gespanne und Knechte zur Verfügung stellen müssen, keine Freunde macht.

Als Elke mit Hilfe der alten Hebamme Trin (Käthe Reichel) ihr Kind zur Welt gebracht hat, erkrankt sie an Kindbettfieber. Ausgerechnet Vollina, die Gattin des größten Widersachers Hauke Haiens, hilft ihr über die schwere Zeit. In der Stadt hat Hauke einen ziemlich heruntergekommenen Schimmel gekauft, den er zusammen mit Iven zu einem stattlichen Reitpferd hochpäppelt, auf dem er die Arbeiten am neuen Deich beaufsichtigt. Als einem alten heidnischen Brauch folgend ein kleiner Hund lebend im Deich begraben werden soll, rettet er das Tier, das – allerdings nur im Roman – zum treuesten Gefährten seiner geistig behinderten Tochter Wienke wird.

Als die von Hauke Haien befürchtete schwerste Sturmflut seit vielen Jahren hereinbricht, hält nur der neue Deich. Im Chaos der von den Fluten überraschten Bewohner gehen auch Elke und Wienke unter, die entgegen ausdrücklicher Warnungen das schützende Haus verlassen haben, um nach Hauke zu sehen. Der lenkt seinen Schimmel seinen Liebsten entgegen…

Gerhard Rentzsch hat in seinem Szenarium die tragische Geschichte Wienke Haiens ausgeklammert, das Grundlagenwerk des griechischen Mathematikers Euklid, mit dem sich schon der junge Hauke beschäftigt hat, glatt unterschlagen (nur von einem „Buch“ ist die Rede), den Schulmeister, der dem Fremden die Geschichte vom Schimmelreiter erzählt, zum namenlosen alten Mann mit Bart degradiert und die Verlobungsring-Geschichte umgedreht: In Storms letzter Novelle ist es Hauke, der in der Stadt einen Goldring für Elke kauft, nachdem diese mehrfach seine Heiratsanträge abgelehnt hat. Und dann die unsinnige Tede-Vertauschung: Bei Storm trägt der Deichgraf Volkerts diesen Vornamen, im Film Haukes Vater.

Aber letztlich sind das Kleinigkeiten wie der Wegfall der äußeren Rahmenhandlung, nach der „vor reichlich einem halben Jahrhundert“ die 80-jährige Urgroßmutter des Ich-Erzählers die Geschichte erzählte, die seither „niemand aus dem Gedächtnis verloren“ hat. So lobte die Theodor-Storm-Gesellschaft zu Recht die Bildschirm-Adaption als „der einzige Film, der die Rahmentechnik Storms aufgreift und damit versucht, das für Storms Erzählkunst so bedeutsame Erinnerungsmotiv filmsprachlich umzusetzen.“

Die nach „Am grauen Strand, am grauen Meer“ (1979) zweite Theodor-Storm-Adaption von Klaus Gendries, eine Koproduktion mit Telewizja Polska, ist von der polnischen Filmgruppe Oko an der Ostsee in Klockenhagen und Stralsund sowie im polnischen Pomorskie, dem durch Günter Grass bekannten kaschubisch-pommerschen Umland Danzigs, gedreht worden, während die Innenaufnahmen im Atelier Wytwórnia Filmów Fabularnych im schlesischen Wrocław (Breslau) entstanden sind. Der westdeutschen Erstaufführung am 7. September 1985 in Husum folgte die westdeutsche Erstausstrahlung am 16. Oktober 1985 in der ARD.

Pitt Herrmann

Credits

Director

Screenplay

Director of photography

Music

Cast

All Credits

Director

Screenplay

Director of photography

Still photography

Production design

Music

Cast

Unit production manager

Location manager

Shoot

    • Ostsee, Pomorskie, Polen
Duration:
97 min
Format:
35mm, 1:1,33
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

TV-Erstsendung (DD): 26.12.1984, DDR-TV

Titles

  • Originaltitel (DD) Der Schimmelreiter
  • Originaltitel (PL) Jezdiec na siwym koniu

Versions

Original

Duration:
97 min
Format:
35mm, 1:1,33
Video/Audio:
Farbe, Ton
Screening:

TV-Erstsendung (DD): 26.12.1984, DDR-TV