Blütenstaub

DDR 1972 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Ein Mann mit Hut, es ist, wie sich später herausstellt, Ernst Lindau, kommt mit dem Zug an, zögert am Bahnhofsvorplatz kurz und begibt sich in die Wasserstraße. In der Dunkelheit muss er die Brille aufsetzen, um bei Schwarz zu klingeln. Als niemand öffnet, es hat inzwischen zu regnen begonnen, klopft er ans Fenster der Kohlenhandlung Julius Schwarz.

Schnitt. Früher Morgen, die Zeitungsbotin ist mit dem Fahrrad unterwegs. Die Putzfrau Greta Immendahl hat es eilig, die Apotheke durch einen Seiteneingang zu betreten: Sie ist spät dran, muss vor der Geschäftsöffnung fertig sein. Als sie die Scherben einer eingeschlagenen Fensterscheibe entdeckt, wählt sie die 110.

Beim Verhör der beiden Kriminalisten Peter Fuchs und Jürgen Hübner macht der Apotheker König einen verstörten Eindruck. Auf den ersten Blick fehlen nur Ether- und Ethanol-Flaschen im Regal, erst beim Öffnen des doppelt verschlossenen Giftschranks stellt sich heraus, dass eine größere Menge an Morphium und Strychnin gestohlen wurde. „Genug, um alle Einwohner unserer Stadt ins Jenseits zu befördern“ befindet König, der alleinige Besitzer des Schlüssels zum Schrank, an dem keine Einbruchsspuren festgestellt werden.

Natürlich gerät der Apotheker zuerst in Verdacht, aber auch die junge Frau, die erst seit sechs Wochen hier tätig ist. Sie hat vielleicht nicht zufällig ihr Putzwasser über die Scherben geschüttet und so mögliche Spuren des Täters verwischt. Immerhin konnte noch Blütenstaub einer exotischen und damit seltenen Pflanze an Glassplittern des Fensters gesichert werden.
Greta Immendahl war zuvor Laborantin im Versuchsgut bei Dr. Hans Senkpiel (Hans Lucke), der als Kunde in der Morphium-Kartei der Apotheke steht. Bei ihm, der neue Grünfuttersorten für Rinder züchtet, hat sie jedenfalls erheblich mehr verdient als die aktuellen 325 Mark.

Aber auch Königs Assistentin Melanie (Gudrun Jochmann) könnte ein Motiv haben, kümmert sie sich doch rührend und nicht immer mit legalen Mitteln um den alten Seebären Kuddel (Karl Brenk), der das triste Festland-Leben nur mit reichlich Nordhäuser Korn erträgt. Dabei war der gebürtige Erfurter nie an der See, sondern hat sich das norddeutsche Platt bei Kriegskameraden angeeignet. Kuddel muss aber etwas gesehen haben, denn er wird für längere Zeit ruhiggestellt: an seinem Arm sind zwei Einstiche einer Spritze zu erkennen.

Und dann ist da noch ein gewisser Ernst Lindau bei Hinrich (Harry Merkel), dem Wirt des Gasthofs „Zur Linde“, abgestiegen, wie der Abschnitts-Bevollmächtigte Unterleutnant Trautwein meldet. Der bekundet bei der Befragung, seinen Sohn Peter besuchen zu wollen, um ihm mitzuteilen, dass seine Mutter mit einer Herzgeschichte ins Krankenhaus eingeliefert worden ist.

Peter, der anderthalb Jahre Medizin studiert hat, bevor er von der Universität geflogen ist, arbeitet seitdem im Geschäft seines Onkels Julius Schwarz. Weil er sich mit seinem Vater, einem gelernten Schlosser, der sich über ein Fernstudium für höhere Aufgaben empfahl, überworfen hat: Ernst Lindau, als Mitglied des Rates der Stadt und Leiter der Energiekommission ein überzeugter Parteigenosse, hat seinem Sohn Faulheit vorgeworfen und den Grund für die Relegation bewusst verschwiegen – die Liaison mit der Gattin eines Dozenten. „Mit sozialistischem Gruß und der Hand auf der Prämie“ ätzt Peter beim als Versöhnungsessen geplanten Treffen in der „Linde“.

Als der Apotheker erpresst wird, er soll 10.000 Mark für den Inhalt des Giftschrankes bezahlen, verstärkt Kriminal-Wachtmeister Lutz Subras das Team. Der K-Techniker Harry Rex hat einen Minisender zwischen den Scheinen versteckt, um den Täter zu schnappen. Als die Sparkasse überfallen wird und der entwendete Ether zum Einsatz kommt, erweist sich der Apotheken-Einbruch als geschicktes Ablenkungsmanöver…

„Blütenstaub“, der zehnte „Polizeiruf 110“, ist vom 19. Juni bis 30. Juli 1972 in Bad Freienwalde gedreht worden. Die beiden Oberleutnants Hübner und Fuchs ermitteln erstmals gemeinsam, wobei Ersterer die Vertretung für die im Urlaub weilende Vera Arndt übernimmt. Binnen nur 58 Minuten gelingt es Gerhard Respondek nach einem Szenarium von Hans Lucke, eine Handvoll gesellschaftskritischer Themen unterzubringen – vom Betriebsausflug nach Nessebar, der zur überstürzten Kündigung der Laborantin Greta führte, über den offenbar gesellschaftlich geduldeten schweren Alkoholismus Kuddels und die Relegation Peters bis hin zu dessen Zerwürfnis mit seinem Vater, einem unaufrichtigen SED-Politiker. Allerdings drückt sich Peters Freiheitsdrang zuallererst in Promiskuität aus: Er ist, etwa in seinem selbstherrlichen Verhalten Greta gegenüber, alles andere als ein vorbildlicher Charakter. Bei seinem Onkel Julius gibt’s immerhin Hochprozentiges aus der Sowjetunion und nicht den „westdeutschen Fusel“.

Pitt Herrmann

Credits

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie-Assistenz

Requisite

Schnitt

Mischung

Darsteller

Produktionsleitung

Aufnahmeleitung

Länge:
60 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 22.10.1972, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Blütenstaub

Fassungen

Original

Länge:
60 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
s/w, Mono
Aufführung:

TV-Erstsendung (DD): 22.10.1972, DDR-TV