Brüder

Deutschland 1929 Spielfilm

Brüder


Br. (= Heinrich Braune), Hamburger Echo, Nr. 118, 29.4.1929


(...) Wie wir bereits mitteilten, greift dieser Film zurück auf den großen Hamburger Hafenarbeiterstreik im Jahre 1896, der drei Monate hindurch die gesamte deutsche Öffentlichkeit im Banne hielt. Mit dieser Themastellung nimmt zum erstenmal ein deutscher Großfilm ohne alle Umschweife seinen Stoff aus der Heroengeschichte des deutschen Sozialismus, stellt sich eindeutig ohne jeden Vorbehalt auf die Seite der Arbeiterschaft. Das ist, wenn wir von den ersten kleineren Versuchen "Am Anfang war das Wort" und "Freie Fahrt" absehen, ein wahrhaft neuer Anfang.

Aber noch in einem andern entscheidenden Faktor bedeutet dieser Film ein absolutes Novum in der deutschen Produktion. Er folgte kühn der Spur der Russen und brachte das fertig, was sich bisher kein deutscher Regisseur zutraute, nämlich gänzlich auf Berufsschauspieler zu verzichten und einen Spielfilm zu drehen mit Laien, die zum erstenmal vor der Kamera standen. Diese Kühnheit sollte herrlich belohnt werden. Denn – das sei gleich gesagt – das Beste und Eindrucksvollste dieses Streifens wird nicht durch die Handlung, sondern durch ihre Typen gegeben. Die Gesichter, die Fäuste, der Gang, Geste und Sprache dieser Hafenarbeiter, der Unbekannten aus dem Altersheim, die mit erschütternder Einfachheit die Rolle der Mutter spielt, spielt? – nein lebt! (...)

Außer einem Reportagestreifen ist dieser Film die erste größere Arbeit des jungen Regisseurs Werner Hochbaum. Er beweist jetzt, daß er nicht nur das äußerlich Attraktive des russischen Films begriffen hat, sondern imstande ist, selbständig aus dem Geiste der von ihm geschaffenen Dramaturgie heraus Neues und Eigenwüchsiges zu gestalten, nicht russisches, sondern deutsches Arbeiterleben vor der Kamera erstehen zu lassen. Hochbaum hat einen ausgezeichneten Blick für Bildwirkung, zum erstenmal ist der Hamburger Hafen wirklich in seinem Wesen von der Photographie erfaßt worden. Glücklich gelöst die Schwierigkeit, aus diesem heute hochindustrialisierten Milieu die Zeit von 1896 mit ihrem noch stark handwerklich betonten Betrieb echt und unverfälscht vor die Kamera zu bringen. (...)

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