Olle Henry

DDR 1982/1983 Spielfilm

Trümmerbilder. "Olle Henry"


Günter Agde, Filmspiegel, Berlin/DDR, Nr. 25, 1983


Vor zwei Jahren versuchte der Regisseur Ulrich Weiß, sich mit hierzulande auffallend eigenwilligen stilistischen Mitteln dem wichtigen Thema des antifaschistischen Widerstandskampfes zu nähern – "Dein unbekannter Bruder". Mit gleicher Eigenwilligkeit und Eindringlichkeit widmet er sich nun in "Olle Henry" der unmittelbaren Nachkriegszeit. Dieter Schubert hat diese Geschichte für die DEFA geschrieben, und so knapp erzählt, klingt sie dürr und nichtssagend. Ulrich Weiß hat sie geöffnet, aufgerissen und mit extremen Bildern gefüllt. (…) Weiß findet allenthalben kräftige, ja grelle Szenen, die die einfachsten Abläufe brüchig, mehrdeutig, beziehungsvoll, widersprüchlich, rauh – und dies alles zusammen – erscheinen lassen. Das Fünkchen Hoffnung, das Xenia in Henry zündet und an das auch sie sich energisch klammert, hat es in diesem Meer von Gier und Enttäuschung, von Ohnmacht und Egoismus so unendlich schwer… Wenn am Ende, nach Henrys Niederlage und Xenias verzweifeltem Tanz mit ihm, der Waggon aus dem Bild in neblige Ferne rollt (ob mit ihnen oder ohne sie, erfährt man nicht), bleibt man betroffen – von Xenias rührendem Kampf um Henry, von Henrys Zerstörung, von der nun gänzlich ungewissen Chance für die beiden. Und man bleibt fasziniert von der etwas gewaltsamen Kraft und Grellheit der Bilder und Szenen, mit denen Weiß ein gewiß fragmentarisches, einseitiges, aber beeindruckendes und beunruhigendes Bild von der ersten unmittelbaren, oft chaotischen Nachkriegszeit umreißt. Vieles, allzu vieles bleibt offen, vieles fehlt an diesem Bild, und doch kann man nicht umhin, künstlerische Vorschläge ernstzunehmen, wenn sie – wie dieser – auf besondere, bisher bei uns nie gesehene Weise etwas erzählen, das zu uns und unserer Geschichte gehört.

Wie schon bei "Dein unbekannter Bruder" konnte Ulrich Weiß seinen Film so nur machen mit Schauspielern, die er besonders aussuchte und besonders führte. (…)

Roland Dressel fotografierte adäquat und mit Sinn für Stimmungen. Ein Film, der betroffen macht. Auch Filme solcher Art brauchen wir, obwohl sie nicht bequem sind und nicht auf schnellem Weg Optimismus produzieren.

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