Kurzfilmtage Oberhausen präsentieren Themenprogramm



"Das Kino der Tiere. Eine kurze Geschichte des Tierfilms": So lautet der Titel des großen Themenprogramms der 57. Kurzfilmtage Oberhausen. Anhand einer Vielzahl von wissenschaftlichen und künstlerischen Produktionen aus 120 Jahren Filmgeschichte wird der Frage nachgegangen, wie der Mensch auf das Tier blickt.


Ein Eisbär stirbt, und die öffentliche Anteilnahme scheint beinahe so groß wie die für die Opfer der Katastrophe in Japan. Zoos gehören seit mehr als 100 Jahren zu den beliebtesten Freizeiteinrichtungen der Welt - deren Ausbreitung in den Industrienationen übrigens genau mit der Entstehung des Kinos zusammenfiel. Tierfilme im Fernsehen haben unverändert Konjunktur. Was fasziniert die Menschen am Tier, warum reagieren wir mit derart starken Emotionen auf Nachrichten aus dem Tierreich - und wie dokumentieren wir unsere Faszination? Es gibt eine tiefe, fast existentielle Verbindung zwischen dem Kino und den Tieren. Sie rührt nicht nur daher, dass am Ursprung der allerersten "Filme" - Eadweard Muybridges und Étienne-Jules Mareys seriellen Sequenzfotografien - die Frage stand, wie sich Tiere eigentlich bewegen.

Das Themenprogramm der Kurzfilmtage, "Das Kino der Tiere", geht dieser Verbindung nun mit rund 90 Tierfilmen aus über 100 Jahren Filmgeschichte nach. Einmalig ist die Zusammenarbeit der Kuratoren: Ein Biologe, Cord Riechelmann, und ein Filmemacher und Kurator, Marcel Schwierin, haben das Programm gemeinsam entwickelt. Wie wird im Film mit den Tieren umgegangen, wie werden sie dargestellt, was will der Film über das Tier sagen oder herausbekommen - und was bleibt zuletzt vom Tier übrig? Das sind die Fragen, die das Programm stellt, das eingeteilt ist in die großen Themenkreise, in denen Menschen und Tiere in Kontakt treten - Jagd, Zoo, Nutztiere, Spektakel mit Tieren, wissenschaftliche Experimente und andere. In elf Programmen haben die Kuratoren wissenschaftliche und künstlerische Filme zusammengestellt, die einen Eindruck vermitteln, wie Menschen auf Tiere blicken, wie auch der "neutrale" wissenschaftliche Blick von gesellschaftlichen Ideologien bestimmt wird und wie nicht zuletzt Künstler in ihren Filmen Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen Mensch und Tier gewinnen können, die der Wissenschaft verschlossen bleiben.

Die ältesten Filme im Programm sind Étienne-Jules Mareys und Georges Demenÿs Studien "Oiseau" von 1892, der jüngste Romuald Karmakars "Esel mit Schnee" von 2010. Dazwischen finden sich Klassiker wie Władysław Starewiczs "Mest" kinematografičeskogo operatora" ("Die Rache des Kameramanns", 1911), ein bürgerliches Drama als Animation mit Insekten, Ulrich K. T. Schulz" "Der Hirschkäfer" (1921), der allererste deutsche Kulturfilm überhaupt, oder ein Teil der legendären Serie "Creature Comforts" (1989) von Nick Park, der später durch seine Wallace & Gromit-Filme bekannt wurde. Das "Kino der Tiere" bringt Raritäten ans Licht wie Jürgen Böttchers "Tierparkfilm" von 1968 über den Ostberliner Zoo, den Stummfilm "Cour du Grand-Duc de Schwerin de Mecklembourg - Son Altesse à la chasse au faisan" ("Seine Hoheit auf Fasanenjagd - Bilder vom Hof des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin", 1914) oder Hans Richters "Rennsymphonie" von 1929, und kombiniert sie mit künstlerischen Arbeiten von Guy Ben-Ner, Yael Bartana, William Wegman, Peter Kubelka oder Joanna Rytel.

Bernhard und Michael Grzimek sind ebenso dabei wie Heinz Sielmann; die sowjetischen Weltraumhunde ("Vierbeinige Weltraumfahrer", 1959) ebenso wie Lenins Katze ("Fotofilm", 1975), Seepferdchen ("L"Hippocampe", 1933) oder die schwarzbäuchige Fruchtfliege ("Schwarzbäuchige Fruchtfliege #1", 2009). Dabei setzt das "Kino der Tiere" in allen Einzelprogrammen wissenschaftliche Filme und Arbeiten von Künstlern in Beziehung zueinander. Mit dem Programm haben sich die Kuratoren zwei Ziele gesetzt: Dem Tier im Film "seine Würde zurückzugeben", so Cord Riechelmann, und "dem romantisierenden Bild des Tiers im Film etwas entgegenzusetzen", so Marcel Schwierin.

Quelle und weitere Informationen:
www.kurzfilmtage.de