F.P. 1 antwortet nicht

Deutschland 1932 Spielfilm

Die Flugzeuginsel im Meer

Phantasie wird Wirklichkeit


Rolf Brandt, Morgenpost, Berlin, 19.10.1932


Greifswalder Oie, Ende September.

Wir sind, Leute der Presse aus einem halben Dutzend europäischer Staaten und aus Amerika, zu einer Expedition aufgebrochen nach der einsamen Oie, der kleinen Insel vor der Küste Rügens, die sanft nur den Fischern und ein paar Badegästen von der Sommerzeit her bekannt ist. Diese Insel liegt im Herbst ganz einsam unter dem großen Himmel, der sich über die Ostsee spannt. Zweimal in der Woche kommt der Postdampfer. Es leben fünfzehn Menschen dort…

Jetzt aber ist auf diese Insel der Großfilm eingezogen. Hundertfünfzig Personen, darunter zweiunddreißig Filmschauspieler, arbeiten von morgens ganz früh bis zur sinkenden Sonne dort auf der kleinen Ostseeinsel.

"F.P.1 antwortet nicht" (...) ist ein technischer Roman, aber es ist eigentlich mehr als ein Roman, es ist die Propagierung der großen Idee von der schwimmenden Insel im Weltmeere, auf der die Flugzeuge landen können. Eine Idee, der bekanntlich die Techniker diesseits und jenseits des Ozeans nahe auf den Leib gerückt sind. (...)

Um es kurz zu sagen, diese schwimmende Insel hat die Ufa an der Küste der Insel Oie, die sich fünfzehn Meter hoch über den Ostseespiegel erhebt, gebaut. Selbstverständlich als Filmkulisse. Aber so täuschend, so großartig, daß man die Idee dieser schwimmenden Insel plastisch vor sich sieht, wenn man sich von dem kleinen Hafen her über weite grünende Weiden den Bauten nähert. (...)

Wirklich dehnen sich die eisernen Platten, breit und lang, hoch über dem Spiegel der Ostsee, so, als sei man vom Lande gelöst. Wenn man dann sich umwendet, sieht man allerdings den Film. Man erlebt ihn sogar. Ein Stimmengewirr, ein Gruppenbilden, ein Durcheinanderrufen und dann die Signale der absoluten Stille, wenn die Aufnahme beginnt. Die drei "Versionen" stehen alle, ihre Erfahrungen austauschend, in luftigen Gruppen beisammen, Hans Albers spielt für die deutsche Ausgabe den Mann, um den es sich dreht. Paul Hartmann ist der Konstrukteur der schwimmenden Insel. In der englischen Version spielt Conrad Veidt die Rolle von Albers und in der französischen Charles Boyer. (...)

An diesem Nachmittage wird die entscheidende Szene gedreht: ein paar Stunden vor dem Untergang der Insel. Immer aufs neue wiederholt Albers den großen Ausbruch. Er sagt mir nachher, daß es gar nicht so leicht gefallen sei, den Ton zu finden. "Auf der Bühne soviel Zuschauer wie möglich. Man fühlt", sagt er, "das Mitgehen des Publikums und läßt sich gern mittragen. Beim Film stört jedes fremde Gesicht." Dabei sind wir nun glücklich über vierzig fremde Gesichter gewesen… (...)

Am Nachmittag landet noch eine schwere Junkers-Maschine. Auch ein fliegerisches Kunststück. Als sie um die Insel streift, kann man in drei Sprachen hören, wie Flieger begrüßt werden. Ein angenehmerer Völkerbund, scheint mir, als der in Genf.

Der Produktionsleiter Erich Pommer erzählt, wie man an allen deutschen Küsten habe suche müssen, um diesen allerdings phantastisch guten Fleck zu bekommen mit dem fünfzehn Meter hohen Steilufer.

Für einen Monat ist nun diese Insel eine Filminsel geworden, voll von diesem merkwürdigen Leben, voll von starken Worten und ungestümen Gesten. Wenn die Sonne sinkt, gehen sie alle in den kleinen Dampfer, nur die Französin, die Furcht vor Seekrankheit hat, bleibt auf der Insel. Und dann wird es auf der Oie leer. Ganz hellrote Wolken segeln vom Festland heran. Die alte brave Ostsee leuchtet purpurn auf in diesem Abendlicht. Die Apparate verschwinden in der sinkenden Dunkelheit. Die Stimmen sind still geworden. Die Umrisse verwischen sich. Jetzt glaubt man wirklich, daß die Netzanker unten tief im Ozean liegen, zwischen Abendrot und Nacht ist man für einen Augenblick auf dieser einsamen schwimmenden Insel im Weltmeer. Auf "F.P.1".

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