Razzia in St.Pauli

Deutschland 1932 Spielfilm

Razzia in St. Pauli


Film-Kurier, Nr. 118, 21.5.1932


Ein Abend nach manchen Seiten hin gewinnvoll. Sogar die Filmpolitik spielt mit – und es gibt kein garstig Lied. Den man registriert gern: Der Lignose Hörfilm-Ton ist anderen Aufnahme-Systemen ebenbürtig. Die Musik klingt voll an, die gedubbte Sprache hat Plastik und Farbe. Früher gab es einstweilige Verfügungen bei neuen Tonfilm-Systemen. Das beschlagnahmende Gericht fehlte diesmal. Die freie Produktion kann aufhorchen.

Statt Mißklang vielleicht Mißbilder?

Nein, gerade im Bildlichen wirkt der Film stark, wenn auch wahllos. Ein junger Mann (man soll nicht alles "Avantgarde" nennen), hat sich in Hamburger Kulturfilmen erprobt, heißt Werner Hochbaum und wird, bei größeren Mitteln und etwa zwischen Neubabelsberger Atelierwänden, nicht untalentierter sein als viele Arrivierte, die die Welt am Abend und die Welt am Sonntag mit ein bißchen Romantik und ein paar marxistischen Resten im Herz verfilmen.

Die marxistischen Reste sind hier sogar recht gut. Er sieht Nebendinge richtig. In diesem St Pauli, das eben nur so heißt, bei dem man auch keine Razzia im Stil der Reeperbahnwelt sieht, gibt es manche Gesichter, Figuren, die echt aufgesetzt sind, nicht filmkitschig. Der Volkssänger (Charly Wittong), echte Ganoven, Polizei-Typen.

Dazwischen der Schauspieler Zilzer. Ein abgestumpftes Mensch-Instrument. Eine unaufdringliche, in seltener Spontaneität von Zilzer gezeichnete Studie, doch so unbetont, so nebenhin, daß man wieder einmal nachdrücklich auf die Pflege dieses Talentes aufmerksam machen muß.

Die St.-Pauli-Fee: Gina Falkenberg. Manches, namentlich sprachlich echt. Keine Filmschönheit, dafür im Körperausdruck fesselnd. Manche Sätze im farblosen Dialog packend.

Friedrich Gnass als Reeperbahn-Riese; um Nuancen zuviel Spiel.

Man sieht, der Film hat Atem und Länge genug, um wenigstens bei seinen Darstellergesichtern zu verweilen. (...) Dem Autoren und Regisseur Hochbaum leistet Waitzenberg als fleißiger Kameramann, Franz Schröder mit gutem Ton Hilfe. Musik: Kurt Levaal, dramatisch illustrierend wie zur Stummfilmzeit.

Ein charaktervolles Song end bringt Ernst Busch.
Beifall ermunternd.

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