Der letzte Fußgänger

BR Deutschland 1960 Spielfilm

Der letzte Fußgänger



Norbert Wiesner, Film-Echo, Nr. 77, 24.09.1960

Der Ruf nach Heimat- und auch Farbfilmen wird von William Thiele in origineller Weise beantwortet. Er braute eine Mixtur aus Schwarzwald-Prospekt und Musical, versicherte sich eines guten Komikers als Grundlage und nennt das Ergebnis ein "sentimentales Lustspiel".

"Der letzte Fußgänger" ist der Archivar einer Illustrierten, der tagaus-tagein per pedes ins Büro geht, himmlische Ruhe verbreitet und zum Auftanken neuer Gelassenheit in jedem Urlaub den Schwarzwald zu Fuß erobert. Auf der Anreise bekommt er eine kleine Weggenossin, die den "Onkel" so liebenswert findet, daß sie ihm nicht mehr von der Pelle rückt – anfangs zu seinem Leidwesen, später zur freundlichen Erweckung verschütteter Vatergefühle. Unterwegs schließen sich zwei Studenten an, deren einer vom Autor fürs Happy-End ausersehen ist.

Umrankt von musikalischen Einlagen, harmlosen Frechheiten wider den Redaktionsbetrieb der Zeitschrift und einem ausnahmsweise sonnigen Schwarzwald-Panorama trägt Heinz Erhardt den Film mit bewährter Drolerie. Er verströmt eine unbeschwerte Heiterkeit, die direkt auf den Besucher übergeht. Christine Kaufmann als Partnerin spielt Schalk und jugendliche Anmut aus. Die Studenten (Peter Wegen und Michael Lenz) darf man getrost als Fehlbesetzung bezeichnen. Gute Pointen kommen von Käthe Haack in der Rolle einer ständig besorgten Oma mit Tabletten-Tick, von Ernst Waldow als im Überfahren von Angestellten virtuoser Chef, von Werner Finck mit ureigenen Wortspielen und von Trude Herr in der bloßen Tatsache, daß sie indigniert guckt. Franz Grothe ersann für das leichtgewichtige Filmchen eingängige Melodien. Im musikalischen Part ist der Kanon der Betriebs-Angehörigen ein Haupttreffer – sowohl textlich als auch in der Ausführung.

William Thiele – nach 28 Jahren wieder in Deutschland – läßt die verschiedenen Stil-Elemente munter aufeinanderprallen. Das Publikum dieses Genres stört sich nicht daran. Es läßt sich willig zum Lachen, zum Schmunzeln und zum Nachdenken bringen. Offensichtlich hat Thiele gut erkannt, welche Machart bei einem großen Besucherkreis zur Zeit gefragt ist.

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