Beschreibung eines Sommers

DDR 1962/1963 Spielfilm

Beschreibung eines Sommers


Rosemarie Rehahn, Wochenpost, Berlin/DDR, 26.1.1963


Ich glaube, das ist ein Film, der den Zuschauer länger beschäftigt als einen Kinoabend lang, weil er Menschen zeigt in der Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrer Umwelt, Menschen auf der Suche nach ihrem Platz in unserem Leben. Das ist interessant, das bewegt mich. Und es interessiert und bewegt mich, zu sehen, wie hier junge Künstler selbst auf der Suche sind, auf der Suche, das Schwierige-Schöne der Gegenwart einzufangen.

Es ist ein Liebesfilm, keiner, der die Liebesgeschichte nur als Anreiz für den Zuschauer benutzt, dem er in Wahrheit etwas ganz anderes erzählen möchte und erzählt. Es geht hier wirklich um Liebesbeziehungen, um komplizierte, widerspruchsvolle Beziehungen zweier sehr verschiedenartiger Menschen. (…)

Der junge, talentierte "Sonnenseite"-Regisseur Ralf Kirsten fand in Christel Bodenstein und Manfred Krug eine auf den ersten Blick überraschende Besetzung des komplizierten Liebespaares. Ich glaube, daß gerade der junge Zuschauer ihm folgen und den Film-Tom, die Film-Grit als seine Weggefährten akzeptieren wird.

Manfred Krug schreitet mit jener raumgreifenden Lässigkeit über die Leinwand, die das Publikum so an ihm liebt. Doch bei der nächsten Wendung schon schaut hinter der selbstsicheren Kaltschnäuzigkeit ein bißchen Ratlosigkeit hervor, ein bißchen Traurigkeit und Sehnsucht. Gerade immer soviel, daß du gepackt, wirst weiterzuforschen. Der Held und sein Publikum sind im Bunde, weil beide Fragen zu beantworten haben. Im übrigen ist schwer festzustellen, wo Manfred Krug aufhört und Tom Breitsprecher beginnt. Sie scheinen dir unter der Hand zusammengeschmolzen.

Christel Bodenstein zeigt als Grit ihre bisher reifste Leistung. Sie überrascht durch den schönen klaren Ernst eines jungen suchenden Menschen. Am überzeugendsten, gelöstesten erschien sie mir in den bezaubernden Szenen verspielter Sommerliebe, gehemmt noch im leidenschaftlichen Erleben – doch immer anrührend in einer mädchenhaften Anmut und Sauberkeit.
Für unser DEFA-Studio bedeutet dieser Film der "Gruppe 60" einen Schritt nach vorn in der Gestaltung der Gegenwart – auch wenn manches darin nicht gemeistert wurde. Noch keiner unserer Filme ist so nahe herangekommen an die Jugend auf den Baustellen des Sozialismus, hat so ernsthaft, und leidenschaftlich versucht, unsere Zeit im Gesicht ihrer jungen Erbauer einzufangen.
Gerade darum möchte man herausfinden, warum der Film nicht voll gelang. Er steht, wie ich das sehe, in begreiflicher und begrüßenswerter Opposition zu schematischen Produktionsfilmen nach der Art des "Erich Kubak", indem er die menschlichen Probleme ganz dicht vor die Kamera holt. Dabei aber ist ihm, wie ich glaube, unversehens der Ausschnitt des Lebens etwas zu eng geraten. (…)

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